Ganz so sorglos ist das Unileben nicht. Angst, Stress, Einsamkeit und andere Sorgen machen sich im Studialltag breit. Und das ist nicht erst heute so. Seit über 40 Jahren gibt es in Hamburg eine Telefonseelsorge von Studenten, die hilft.
Anna war während ihres Studiums Telefonseelsorgerin. Erst jetzt, nach Uniabschluss, spricht sie mit uns darüber. Oberstes Prinzip der Studentischen Telefonseelsorge STUTS in Hamburg ist nämlich: absolute Anonymität. Für Anrufer und auch für jene, die dort arbeiten. Interviews geben nur ehemalige Seelsorger, damit für Anrufer gar nicht erst der Eindruck eines Vertrauensbruchs aufkommt.
"Wenn man jemanden nicht erreicht, mit dem man sonst sprechen würde. Dann kann man uns erreichen."
Dass Anna sich ehrenamtlich engagieren würde, lag eigentlich auf der Hand. "Du kannst gut zuhören", hörte sie oft von Freunden. Im Team des STUTS hat sie diese Eigenschaft zwei Semester lang ausgebildet. "Damit man gewappnet in den ersten Anruf reingeht und sich damit auseinandergesetzt hat, was es bedeutet, live mit jemandem zu sprechen," sagt Anna.
Einfach nur da sein
In den Gruppenseminaren ging es um die ganz praktische Vorbereitung. Zum Beispiel: Was ist, wenn jemand anruft, der dich an deine beste Freundin erinnert? Genauso geht es auch darum, was Hilfe eigentlich bedeutet. "Vielleicht reicht es, einfach da zu sein", sagt Anna. Zwar ist das Umfeld zwischen Uni, Mensa und Prüfungen für alle Studenten ähnlich. Was die rund 40 studentischen Seelsorger am Telefon erwartet, kann aber ganz unterschiedlich sein.
"Einige wollen sich alles von der Seele reden. Und dann gibt es Menschen, die erst mal gar keine Sprache dafür finden, mit denen man am Anfang einfach schweigt. Und auch das ist in Ordnung."
In ihrem ehrenamtlichen Job wurde Anna mit vielen Problemen konfrontiert: Studienfrust, Einsamkeit, Überforderung, Angst und Stress, Trennungsschmerz. Manchmal sind es aber auch ganz akute seelische Situationen, in denen die Menschen ein Ventil brauchen. "Oft wird auch nicht erzählt, wie die konkrete Situation gerade ist. Wir hören erst mal auf das, was uns erzählt wird. Da wird nichts abgefragt", erklärt Anna. Aktiv zuhören, konzentriert sein, es mit aushalten - schon das sei eine große Hilfe, sagt Anna.
Wenn sich jemand überhaupt traut anzurufen, sei das schon ein erster Erfolg, meint Anna. 365 Tage im Jahr ist das STUTS unter der 040-411 70 411 erreichbar: immer von 20 bis 24 Uhr.
Zweieinhalb Jahre hat Anna am Telefon gesessen, immer mit dem Gefühl "Es ist gut, dass es Menschen gibt, die für andere da sind. Und das ich so eine Person bin." Sie kennt aber auch die Momente, in denen sie ein Gespräch noch länger gedanklich begleitet. "Themen, an denen so nichts zu machen ist". Eine schwere Krankheit zum Beispiel. Oder, wenn sie das Gefühl hat, dass jemand nicht das erzählen konnte, was ihn eigentlich bedrückt.
"Ich bin sensibilisiert dafür, wie wenig im Alltag tatsächlich über echte Emotionen gesprochen wird. Auch unter Freundinnen und Freunden."