Forschende haben englischsprachige Pop- und Rocksongs der letzten 40 Jahre untersucht. Ergebnis: Die Texte bestehen aus immer weniger verschiedenen Wörtern und mehr Wiederholungen. Warum das so ist, versuchen wir mit einer der Forschenden zu klären.

Mit einem Wissenschaftsteam hat Eva Zangerle von der Universität Innsbruck 12.000 englischsprachige Rap-, Country-, Pop-, R&B- und Rocksongs untersucht, die zwischen 1980 und 2020 veröffentlicht wurden. Das Studienergebnis knapp zusammengefasst: Die Songtexte sind einfacher geworden.

Vereinfachung in allen Genres messbar

Einfacher bedeutet, dass weniger verschiedene Wörter in den Songtexten vorkommen. Stattdessen werden sehr viel mehr Wiederholungen verwendet. Es werden ganze Zeilen, aber auch Strukturelemente wie Refrains wiederholt, "die Lyrics als Ganzes wirklich einfacher machen - über die 40 Jahre und alle Genres hinweg", erklärt Eva Zangerle. Sie ist Professorin für Informatik und beschäftigt sich mit Empfehlungssystemen für Musik.

Warum es zu dieser Entwicklung gekommen ist, könnte mit der Art und Weise zusammenhängen, wie wir Musik kaufen, vermutet Eva Zangerle. Früher kauften Musikfans noch LPs, später CDs. Heute wird Musik gestreamt, mit dem Effekt, dass weltweit Musik per Touch auf jedem Smartphone verfügbar ist.

Musikstreaming könnte Auswirkung auf Songtexte haben

Aber auch die Musikproduktion hat sich verändert: "In Zeiten von Streaming ist zum Beispiel wichtig, dass die ersten zehn bis 15 Sekunden eines Songs überzeugen, sonst klickt man auf den nächsten Song. Und in diesem Spannungsfeld glauben wir, dass sich das auch auf die Songtexte niederschlägt", sagt Eva Zangerle.

Mehr negative Wörter: Krisen spieglen sich in Songtexten wider

Die Forschenden haben auch untersucht, wie viele emotionsgeladenen Wörter verwendet werden und ob mehr positive oder negative vorkommen.

"Was wir herausgefunden haben, ist, dass die Anzahl der positiven Wörter zurückgegangen und die der negativen raufgegangen ist."
Eva Zangerle, Professorin für Informatik an der Uni Innsbruck

Im Ergebnis werden mehr Wörter eingesetzt, die negative Gefühle ausdrücken. Die Anzahl der Wörter, mit denen wir Wut verbinden, hat über alle Genres hinweg zugenommen, sagt Eva Zangerle.

"Natürlich ist es so, dass wir Musik hören, mit der wir uns identifizieren können, die uns irgendwo abholt. Ich glaube, das ist schon ein ganz guter Spiegel der Gesellschaft."
Eva Zangerle, Professorin an der Uni Innsbruck

Anders gesagt, die Songtexte nehmen die Stimmung der Menschen auf, die eher krisenhaft oder problembeladen ist, und geben sie wider. Zumindest glaubt auch Eva Zangerle, dass die Songtexte wie ein Spiegel der Gesellschaft zu interpretieren sind.

Shownotes
Musik
Studie: Songtexte werden immer einfacher - und aggressiver
vom 01. April 2024
Moderator: 
Nik Potthoff
Gesprächspartnerin: 
Eva Zangerle, Professorin für Informatik an der Uni Innsbruck