Wenn der Wind stark weht, haben wir in Deutschland so viel Strom, dass die Unternehmen ihn teilweise nur loswerden, wenn sie noch Geld oben drauf legen. Überhaupt steigt der Stromexport aus Deutschland seit Jahren.

Manchmal weht der Wind so stark, dass Windkraftanlagen abgeschaltet werden müssen, weil sie sich sonst zu schnell drehen und kaputt gehen. Am vergangenen Wochenende (28./29. Okt.) wehte mit Sturm Herwart eine zwar teils auch kräftige Brise - keine aber, die den Windkraftanlagen geschadet hat. Im Gegenteil: Die Windräder in Deutschland produzierten mächtig viel Strom.

Überraschend kam das nicht. Stromunternehmen beschäftigen Meteorologen, die ziemlich genau vorhersagen können, wieviel Strom eine Windkraft- oder Solaranlage am kommenden Tag produzieren wird. Und so wussten die Unternehmen schon vor Sturm Herwart: Wir kriegen eine ganze Menge Strom - so viel, dass wir welchen loswerden müssen.

Strompreis: Minus 83 Euro

Das Problem in der eigentlich komfortablen Situation: Kernkraft- und Kohlekraftwerke lassen sich nicht so schnell so flexibel herunterregeln, dass sie eine kurzfristig sehr hohe Strommenge ausgleichen könnten. Also müssen die Unternehmen den Strom auf anderem Wege loswerden, zum Beispiel mit dem Export ins Ausland.

Das ist zwar eine Standardvorgehensweise - doch wenn zu viel Strom im Netz ist, herrscht eine besondere Situation: Der Strom wird verschenkt. Oder aber: Die Unternehmen müssen dafür bezahlen, dass ihnen jemand den Strom abnimmt.

Am Wochenende betrug der Strompreis zeitweise minus 83 Euro pro Megawattstunde. Das heißt: Stromkonzerne mussten 83 Euro an denjenigen bezahlen, der ihnen eine Megawattstunde abgenommen hat. Normalerweise bekommen sie 40 Euro pro gelieferte Megawattstunde.

"Das führt zu Situationen, die fürs Klima sehr schädlich sind."
Jürgen Döschner, Deutschlandfunk Nova

Dass Deutschland Strom im Überschuss produziert und exportiert, ist die Regel. In den letzten zehn Jahren hat sich der Stromexport aus Deutschland verzehnfacht. Allein 2016 hätten man fünf Atom- oder Kohlekraftwerke abschalten können. So viel Strom haben wir im Schnitt in Deutschland mehr produziert als verbraucht.

Shownotes
Massenhaft Windstrom dank Sturm Herwart
Das Stromparadoxon
vom 31. Oktober 2017
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Jürgen Döschner, Deutschlandfunk Nova