Die Wechseljahre, die Zeit, in der Frauen ihre Fruchtbarkeit verlieren, ist eine Zeit großer Veränderungen. Über diese Phase wird noch immer zu viel geschwiegen. Das Tabu ist schädlich – auch ökonomisch.

Eigentlich sollte sich niemand mehr für ihre Monatsblutung schämen. Es gibt kostenfreie Binden und Tampons auf vielen Toiletten und Menstruationszelte auf Festivals. Doch selbst die Mens ist mancherorts noch ein Tabu.

Frauengesundheit oft marginalisiert und tabuisiert

Und es gibt noch viel mehr Frauengesundheitsthemen, die nach wie vor eher ausgeblendet werden – Endometriose zum Beispiel. Die Liste der Och-da-gehts-doch-nur-um-Frauen-und-ihre-Wehwechen-Themen ist aber noch länger...

Ganz weit oben: die Wechseljahre, auch Klimakterium genannt. Die meisten von euch sind wohl noch längst nicht an diesem Punkt – trotzdem lohnt es sich, darüber zu reden. Es geht alle an. Und irgendwann trifft es eben auch all die, die menstruieren.

"Irgendwann trifft es auch mich und alle, die eben menstruieren."
Fanny Kniestedt, Deutschlandfunk Nova

Wir alle kennen Frauen in den Wechseljahren – die eigene Mutter, Freundinnen, Kolleginnen etwa. Viele Frauen gehen beschwerdefrei durch diese Phasen, viele haben aber Symptome, wenn der Östrogenspiegel langsam sinkt, manche davon schwerwiegender. Aber: Es wird kaum darüber geredet, sagt Deutschlandfunk-Nova-Autorin Fanny Kniestedt.

Wechseljahre: bekannte und unbekannte Symptome

Neben bekannteren Symptomen wie Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen oder Scheidentrockenheit gibt es auch sehr viele Symptome, die viele nicht kennen, sagt Fanny. Darunter sind etwa Osteoporose, Depressionen oder auch Herzprobleme. Denn Hormone beeinflussen alle möglichen Körperfunktionen, erklärt die Wechseljahresberaterin Sonja Bienemann unserer Autorin.

"Oft werden die Frauen heimgeschickt, weil es keine Diagnose gibt. Und da geht dann das nächste Problem los, dass die Frauen vielleicht aus dem Job gehen, weil sie sich nicht mehr leistungsfähig fühlen. Und nicht gesehen."
Sonja Bienemann, Wechseljahrsberaterin

Oft, so die Beraterin, werden solche Symptome nicht richtig diagnostiziert. Dabei ließen sie sich glücklicherweise häufig sehr gut behandeln. Ganz grundsätzlich rät sie: Frauen sollten Stress reduzieren – zu viel Stress kann nämlich sogar zu vorzeitigen Wechseljahren führen.

Außerdem könne bei manchen eine Hormontherapie helfen. Die kann allerdings Nebenwirkungen haben. Bei starken Wechseljahresbeschwerden sollten Patientinnen zusammen mit dem Arzt abwägen, was schwerer wiegt: die Nebenwirkungen oder die Beschwerden. Hoffnung macht eine neue Generation von Hormonpräparaten, die weniger Nebenwirkungen haben sollen, ergänzt sie.

Mehr über das Klimakterium reden

Die Journalistin Miriam Stein hat sich Perioden-Influencierinnen zum Vorbild genommen und auf Insta die Kampagne #wirsind9millionen ins Leben gerufen: Neun Millionen Frauen in Deutschland, die gerade in dieser Lebensphase sind und von denen viele – bewusst oder unbewusst – Beschwerden haben dürften.

Followerinnen haben daraufhin auch Bundestags-Abgeordnete angeschrieben und sie aufgefordert, sich mehr mit dem Thema zu befassen, berichtet Fanny Kniestedt. Mit Erfolg: Dorothee Bär von der CDU/CSU-Fraktion hat zwei parlamentarische Abende zum Thema veranstaltet. Und diverse Unternehmen und auch Behörden werden hellhöriger und fragen nach Beratung.

Mehr darüber zu reden, könnte tatsächlich helfen. Denn es würde mehr Aufmerksamkeit schaffen - und damit vielleicht etwas anstoßen. Symptome könnten etwa besser aushaltbar gemacht werden oder es gäbe schnellere und bessere Diagnosen, wenn es mehr Forschung gäbe, glaubt Fanny Kniestedt. oder wenn die die Wechseljahre zum Beispiel bei Kardiologen Teil der Ausbildung wären.

"Es ist eben ein Tabu, weil Weiblichkeit sehr mit Sexualität und einem Reproduktionswert verknüpft ist."
Fanny Kniestedt, Deutschlandfunk Nova

Das Problem: Weiblichkeit ist sehr mit Sexualität und einem Reproduktionswert verknüpft, sagt Fanny Kniestedt. Und obwohl wir wissen, dass Weiblichkeit so viel mehr ist und sein sollte, sei dieses Bild doch sehr verankert. Auch in ihr selbst, gibt sie zu.

Auswirkungen auch für die Wirtschaft

Was nur wenige wissen: Die Wechseljahre haben auch einen riesigen Einfluss auf die Wirtschaft. Für die USA wurde in einer Studie der Male Clinic Scottsdale Arizona zum Beispiel ermittelt, dass durch den Arbeitsausfall von Frauen in den Wechseljahren jährlich ein ökonomischer Schaden von 27 Milliarden Dollar entsteht. Aktuell untersucht eine Studie der TU Berlin diese Auswirkungen auch für Deutschland.

Shownotes
Tabus
Wir sollten mehr über die Wechseljahre sprechen
vom 22. Januar 2024
Moderation: 
Tina Howard
Gesprächspartnerin: 
Fanny Kniestedt, Deutschlandfunk Nova