Ob Fußball-WM oder Gaslieferungen, der Mann am Hebel in Katar ist Emir Tamim Bin Hamad Al Thani. Er und seine Familie besetzen die wichtigsten Posten in der Politik und Wirtschaft. Sie haben Katar zu dem mächtigen Staat gemacht, der er heute ist.
Tamim Bin Hamad Al Thani ist seit 2013 an der Macht und ist der vierte Emir Katars. Neben seiner Liebe für Fußball ist er vor allem für seine kontroverse Außenpolitik bekannt – die er so von seinem Vater übernommen hat. Das sagt Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
"Wie die Machtverhältnisse im Haus selbst sind, ist schwer zu sagen. Insgesamt scheint es so, als wäre Tamim tatsächlich die dominierende Figur."
So wie früher beim Kreml oder heute in Saudi-Arabien lässt sich auch über die Machtverhältnisse innerhalb der mächtigsten Familie Katars nur anhand äußerer Merkmale mutmaßen. Doch es scheint, als sei Tamim die dominierende Figur, so unser Experte. Allerdings werde von vielen auch vermutet, dass der Einfluss von Tamims Vater auf ihn immer noch sehr groß ist.
Sein Vater Hamad bin Chalifa Al Thani ist 2013 mit 61 Jahren freiwillig zurückgetreten. Das ist auch in Katar sehr jung für einen Politiker. Gerade Gegner*innen von Tamim Bin Hamad Al Thani vermuten, dass hinter den wichtigsten Entscheidungen immer noch sein Vater steht – der für eine aggressive und radikale Außenpolitik bekannt war.
"Hamad bin Chalifa Al Thani hat das moderne Katar gestaltet wie kein Emir vor ihm."
Guido Steinberg ist anderer Meinung. Er glaubt, dass Tamim Bin Hamad Al Thani seine Entscheidungen sehr wohl selbst trifft – dabei aber Berater zur Seite hat, zu denen wahrscheinlich auch Hamad bin Chalifa Al Thani gehört.
Die Strategie heißt Familie
Viele der wichtigsten Posten im Land werden von der Familie Tamim Bin Hamad Al Thanis besetzt. Schätzungen gehen davon aus, dass dazu 20.000 Personen zählen, sagt unser Experte. Andere Schätzungen gehen sogar weit darüber hinaus.
Die Familie ist überaus wichtig – und das ist durchaus Strategie, so Guido Steinberg. Gleichzeitig ist sie aber auch die größte Bedrohung für die Stabilität des politischen Systems.
"Es gab und gibt immer wieder Personen in der Familie, die meinten, dass sie eigentlich für den Posten des Emirs befähigt seien."
Kaum ein Machtwechsel des 20. Jahrhunderts in Katar hat reibungslos funktioniert – denn irgendjemand aus der Familie hat immer auch den Posten des Emirs für sich beansprucht. Auch unter der Herrschaft von Tamims Vater gab es einen Putsch-Versuch – angeführt von einem Verwandten.
Das könnte ein Grund sein, warum Tamim so viele seiner Verwandten eingebunden und ihnen wichtige Ministerien gegeben hat. Konkurrenten sollen durch Posten und durch Geld gewonnen werden, meint Guido Steinberg.
"Es hat in der Vergangenheit immer wieder Reformversprechen gegeben – doch sie wurden nach überstandener Krise nie eingelöst."
Die führenden Personen seien auf jeden Fall machtbewusst – und nicht bereit diese Macht zu teilen. Zwar habe es in Krisenzeiten immer wieder Reformversprechen gegeben, doch nach überstandener Krise wurden diese wieder zurückgezogen.
Macht dank Erdgas
Ohne Zweifel ist Katar ein autoritärer Staat, sagt Guido Steinberg. Und auch der reichste der Welt, sowohl was das Pro-Kopf-Einkommen als auch das Bruttosozialprodukt angeht. Das liegt zwar vor allem am Erdgas, doch auch das bedarf einer Entwicklung zu hohen Kosten.
Der vorherige Emir habe sich in den 1990er Jahren nicht nur entschieden, Erdgas zu fördern, sondern es auch in seiner flüssigen Form bereitzustellen. Dafür hat er hohe Kredite aufgenommen. Seit 2001 ist genau das der Grund für den enormen Machtzuwachs des Emirats.