Ein paar mal swipen und dann ab in die Kiste - das ist das Prinzip hinter Tinder. Und auf den ersten Blick gibt es kaum etwas, das weniger zu Indien passen könnte, dem Land der arrangierten Ehen. Trotzdem hat das Unternehmen jetzt ein Büro in Neu-Delhi eröffnet.

Tinder, das ist die Dating-App für alle, die gern schnell zur Sache kommen: ein schnelles Date, schneller Sex, wisch und weg. Und Indien, das ist das Land, in dem nach wie vor die große Mehrheit der Ehen arrangiert ist - und Sex vor der Ehe in weiten Kreisen der Bevölkerung gar nicht gern gesehen ist. Trotzdem kommt jetzt zusammen, was scheinbar nicht zusammengehört. Tinder eröffnet ein Büro in Neu-Delhi.

"Die Inder brauchen Tinder-Profile, die viel diskreter ausfallen müssen."
Silke Dittrich, Korrespondintin in Indien

Auch unsere Korrespondentin Silke Dittrich sagt: Dating in Indien unterscheidet sich stark von dem, was wir aus Deutschland kennen. Für viele Inder ist es weiterhin ein No-Go, wenn sich Männern und Frauen, die nicht verheiratet sind, alleine treffen. Die Parks in Neu-Delhi seien deshalb voll mit Pärchen, die sich hinter Büschen und Bäumen verstecken, wenn sie Händchen halten wollen. Und auch wenn das Paarungsverhalten in den Megacitys langsam lockerer wird, hat Silke Dittrich auf dem Land noch ganz anderes beobachtet. Hier ist vollkommen ausgeschlossen, dass sich ein Junge und ein Mädchen alleine verabreden.

Liebe ist Elternsache

Die Eltern spielen beim lockeren Daten in Indien keine Rolle - weil sie gar nichts davon mitbekommen. Wenn es ernst wird, geht an ihnen aber kein Weg vorbei. In der Regel gilt: Für Ehen sind Mutter und Vater verantwortlich - und nicht die Ehepartner. Also wird im Verwandten- und Bekanntenkreis nach potenziellen Partnern gesucht. Und wenn das keinen Erfolg hat, werden Anzeigen geschaltet, in denen es eher um Religion, Kastenzugehörigkeit und Hautfarbe als um Duckfaces geht.

Enormes Wachstum

Tinder gibt es schon seit drei Jahren in Indien und trotz der traditionellen Gesellschaft verzeichnet das Unternehmen ein enormes Wachstum. Das hat wohl vor allem damit zu tun, dass die Bevölkerung so jung ist. Die Hälfte der Einwohner ist unter 25. Ein riesiger Markt, der allerdings ein bisschen anders funktioniert als im Westen. Und das dürfte die große Herausforderung für Tinder sein, sagt Silke Dittrich. Auch deshalb hat das Unternehmen jetzt ein eigenes Büro in Indien eröffnet und indische Mitarbeiter eingestellt.

Klar ist: Inder setzen viel mehr auf Privatsphäre und sind verschwiegener. Und was schon im Westen die größte Hürde beim Onlinedating ist, ist in Indien noch komplizierter: Wann wird aus einem Chat das erste Treffen?

Shownotes
Onlinedating
Tinder in Indien
vom 08. Januar 2016
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Silke Dittrich