Mal erinnern wir uns an jedes Detail, und mal denken wir: Heute Nacht habe ich gar nichts geträumt. Unsere Träume sind nicht greifbar. Sie sind mal unlogisch, mal angsteinflößend und mal wunderschön. Aber haben sie einen tieferen Sinn?

Die Wissenschaft ist sich sicher: Träume entstehen, weil im Schlaf bestimmte Gehirnareale aktiviert werden. Dadurch erinnern wir uns an Erlebnisse und durchleben auch Gefühle. Andere Gehirnareale sind während wir schlafen weniger aktiv als im Wachzustand: So zum Beispiel der Teil des Gehirns, der dafür sorgt, dass Ereignisse aufeinander aufbauen und logisch zusammenpassen. Deshalb ergeben unsere Träume oft im Nachhinein kaum Sinn und erscheinen uns als verrückte Geschichten ohne Zusammenhang. Ilka Knigge erzählt von ihrem Traum:

"Ich bestelle Essen in einer Kneipe. Es gibt einen Veggie-Bratling. Der Wirt ist total unfreundlich zu mir. Dann sage ich, dass mir das Essen nicht geschmeckt hat. Daraufhin beginnt er, mich mit den Bratlingen zu bewerfen." 
Ilka Knigge, Moderatorin und Wissenschaftsjournalistin

Träume deuten

Im Netz gibt es diverse Traumdeutungswebsites, auf denen Menschen Traumsymbole eingeben können. Die Website gibt dann an, was der Traum bedeuten könnte. Es schadet nicht, sich auf den Seiten umzuschauen. Eine seriöse Antwort darauf, warum wir eine bestimmte Geschichte geträumt haben, findet sich dort aber nicht, sagt Schlafforscherin Dr. Christine Blume.

"Wenn wir uns die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse anschauen, muss ich sagen: Eine seriöse Traumdeutung, die gibt es nicht."
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin

Was die Forschung jedoch noch nicht sicher sagen kann, ist, warum wir überhaupt träumen. Es gibt dazu verschiedene Ansätze. Einer besagt, dass wir im Traum etwas lernen, was uns gut auf unser Leben vorbereitet.

Welche Funktion Träume haben

Eine andere Idee ist, dass wir Träume brauchen, um Emotionen zu verarbeiten. Dabei könnte es sein, dass Träume einfach nur entstehen, weil dieser Sortierungsprozess im Gehirn im Gange ist. Dieser Prozess funktioniert ein bisschen so, wie wenn wir Fotos und Videos auf einer alten Festplatte sortieren: Einiges kommt in den Ordner, den wir behalten wollen, um später nochmal reinschauen zu können. Andere Bilder schieben wir in den Papierkorb. Dabei fühlen wir uns nochmal wie im letzten Urlaub oder damals, als wir die Absage für einen wichtigen Job bekommen haben. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass wir uns in den Urlaub zurücksehnen oder immer noch nicht darüber hinweg sind, dass wir den Job damals nicht bekommen haben.

"Wir erleben zum Beispiel etwas sehr Peinliches, und wenn wir drüber schlafen und davon träumen, dann wird die Erinnerung neutraler. Wir wissen aber nicht, ob man dazu wirklich die Träume braucht, oder ob die Träume nur ein Nebenprodukt der Gehirnprozesse sind, die da ablaufen."
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin

In dieser Folge "Über Schlafen" sprechen Moderatorin Ilka Knigge und Schlafforscherin Dr. Christine Blume darüber, warum Menschen oft ähnliche Träume haben, wie zum Beispiel Verfolgungsträume oder Träume vom Fallen. Christine erklärt, warum es ein Irrtum ist, dass manche Menschen glauben, sie würden niemals träumen. Und die beiden wühlen sich durch Traumdeutungs-Websites und räumen mit Traum-Mythen auf.

Wir freuen uns über euer Feedback und Themenvorschläge an ueberschlafen@deutschlandfunknova.de.

Shownotes
Im Schlaf
Träumen - warum machen wir das?
vom 23. Mai 2023
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin
    Unsere Quellen:
  • Hobson, J.; Stickgold, R.; Pace-Schott, E. (2008). The neuropsychology of REM sleep dreaming. NeuroReport 9(3).
  • Yuval N., Giulio T. (2010). Dreaming and the brain: from phenomenology to neurophysiology, Trends in Cognitive Sciences, Volume 14, Issue 2, , S. 88-100.
  • Revonsuo, A. (2000). The reinterpretation of dreams: An evolutionary hypothesis of the function of dreaming. Behavioral and Brain Sciences, 23(6), S. 877-901.
  • Hobson, J. (2009). REM sleep and dreaming: towards a theory of protoconsciousness. Nat Rev Neurosci 10, S. 803–813.