Mann oder Frau? Fragen sich vielleicht manche, die das Cover der britischen Vogue mit Estrella Vasquez gesehen haben. Nein, es ist eine Muxe - das dritte Geschlecht bei den Zapoteken. Das ist nicht unbedingt biologisch, sondern vielmehr sozial begründet. Was die Muxe aber nicht vor Diskriminierung schützt.

Die Muxe sind das dritte Geschlecht bei den Zapoteken in Mexiko, erklärt die Ethnologin Stefanie Graul. Die Zapoteken sind eine indigene Volksgruppe, die sich hauptsächlich am Isthmus von Tehuantepec im Süden Mexikos angesiedelt hat. Die Ethnologin hat über die Muxe promoviert. Sie sagt, dass die Muxe zu einem Drittel soziales Geschlecht sind. Biologisch seien es Jungen, die für eine eigene soziale Rolle erzogen werden. Die sei eher weiblich und unterscheide sich deutlich von der der Jungen und Mädchen.

Muxe - lebenslanger Personal Assistant für Mütter

Die ursprüngliche Aufgabe der Muxe ist, den Müttern eine Hilfe zu sein, sagt Stefanie Graul. Sie würden bis zum Tod der Mutter bei ihr bleiben und sie im Alter pflegen.

"Die Muxe bleiben bei den Müttern und sind so etwas wie ihr Personal Assistant bis zu deren Tod."
Stefanie Graul, Ethnologin, hat über die Musche promoviert

Die Muxe haben keine eigenen festen Partner und sind häufig Geliebte von verheirateten Männern, sagt Stefanie Graul. Dadurch würden sie aber nicht an sozialem Status verlieren oder als homosexuell gelten.

Stefanie Graul geht davon aus, dass die Entscheidung, Muxe zu werden, aus dem sozialen Umfeld heraus kommt. Daneben gebe es aber auch Muxe, die sich erst nach der Pubertät outen und welche, die im späteren Leben heiraten und eine Familie gründen.

Muxe - alte Tradition der indigenen Völker Amerikas

Auf welchen Ursprung dieses Zwischengeschlecht zurückgeht, sei schwer nachzuverfolgen. Bekannt ist, dass es bereits zur Zeit der Eroberung des amerikanischen Kontinents ab 1492 in verschiedenen indigenen Völkern solche Zwischengeschlechter gab, sagt Stefanie Graul. Es soll Männer gegeben haben, die die weibliche Rolle übernommen haben, genauso wie Frauen, die Kriegerinnen und "Häuptlinginnen" werden konnten. Sie wurden als Berdache oder Two Spirits bezeichnet, weil sie männlich und weiblich waren.

Stefanie Graul sagt, dass die historische Hypothese bei den Zapoteken ist, dass die Männer häufig Soldaten und außer Haus waren. Genauso die Frauen, die als Händlerinnen unterwegs waren. Deshalb musste ein Muxe-Sohn zu Hause bleiben und für Sicherheit sorgen, sagt Stefanie Graul. So sei die Sitte entstanden.

"Einerseits sind die Muxe ein soziales Grunddatum, andererseits ist der Isthmus wirklich kein Homosexuellen-Paradies, sondern sie müssen doppelten sozialen Tribut zahlen. Wenn sie auf die traditionellen Feste gehen, müssen sie Eintritt als Männer und als Frauen bezahlen."
Stefanie Graul, Ethnologin, hat über die Musche promoviert

Heutzutage seien die Muxe zwar auf der einen Seite sozial anerkannt, andererseits leiden sie in dem von Machismo geprägten Mexiko als eine Art Homosexuelle unter Diskriminierung. Wenn die Muxe auf die traditionellen Feste gehen, müssen sie als Männer und als Freuen also doppelten Eintritt bezahlen, sagt Stefanie Graul. Dieses Beispiel könnte man als Metapher für ihre belastete soziale Rolle sehen. Muxe dürfen auch keine dauerhaften Lebenspartner haben.

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Neben den Muxe gibt es auch noch in anderen indigenen Volksgemeinschaften Zwischengeschlechter. Die Muxe selbst könnte man auch noch weiter unterteilen in Muxe-Mann und Muxe-Frau, sagt Stefanie Graul.

Die männlichen Muxe würden sich weiter männlicher kleiden und stammten oft aus einem bürgerlichen Milieu. Die weiblichen Muxe seien stark von der globalen Transästhetik beeinflusst und würden sich beispielsweise die Brüste operieren lassen. Sie würden als Frauen auftreten und machen das an ihren Vornamen kenntlich wie Estrella Vasquez, die auf dem Cover der britischen und mexikanischen Vogue zu sehen ist.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Transsexualität in Mexiko
Muxe - ein drittes soziales Geschlecht
vom 21. November 2019
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Stefanie Graul, Ethnologin