Die sozialen Netzwerke verändern unsere Sicht auf den Tod, sagt eine aktuelle Studie von zwei US-Wissenschaftlerinnen. Insbesondere die öffentliche Reaktion auf den Tod von Menschen, die wir gar nicht persönlich kannten, sei eine gesellschaftliche Veränderung.
In den Sozialen Medien braucht es für eine Meinungsäußerung oder für die Teilhabe an einem Ereignis nicht mehr als einen Mausklick: "Gefällt mir" ist da der Standard. Bis vor einiger Zeit auch Facebook verstanden hat, dass es Anlässe gibt, die ihren Usern nicht gefallen - wenn jemand gestorben ist, etwa. Mittlerweile gibt es auch dafür den passenden Button.
Unser Netzreporter Michael Gessat hat sich die Thesen der beiden US-Forscherinnen genauer angeschaut. Nina Cesare und Jennifer Branstad von der University of Washington sagen, der Tod sei ein heikles und unpopuläres Thema. Insofern bewege sich die Reaktion auf einen Todesfall normalerweise eher im privaten Kreis der Verwandten, Freunde oder Kollegen.
"Die Social Media bringen das Thema Tod wieder mehr in die breite Gesellschaft zurück."
Sie würden Kommunikationshürden einreißen, die vielleicht sonst da waren: gewisse Schwellen, möglicherweise aber auch bestimmte Tabus oder Hemmungen.
Öffentliche Trauer eher auf Twitter als auf Facebook
Das ist naheliegend, sagen die beiden Forscherinnen. Auf Facebook kommentiere man halt in einem bestimmten Freundeskreis, habe dafür aber auch mehr Platz. Auf Twitter müsse man sich kurz fassen, könne aber sozusagen alle User adressieren. Die Autorinnen sagen, bei Facebook wäre das eher wie ein Kondolenzbesuch zuhause, wo dann lange geredet wird. Und bei Twitter eher wie eine gemeinsame Todesanzeige? Das sei also eine gruppenstiftende Funktion, schreiben die beiden, manchmal aber auch noch viel distanzierter.
Die Wissenschaftlerinnen hatten auf dem Portal mydeathspace.com - das ist so eine Art digitaler Friedhof, auf dem die Social-Media-Accounts von Verstorbenen verlinkt sind - nach Toten mit einem Twitter-Account gesucht und dann die jeweiligen Feeds ausgewertet.
"Heiligsprechung" und "Verdammnis"
39 haben sie gefunden, also gar nicht übermäßig viele. Auf jeden Fall gab es darin neben persönlichen Trauerbekundungen wie "Ich vermisse dich so sehr" auch allgemeine Statements, zum Beispiel zu gesellschaftlichen Problemen. Und neben "Heiligsprechung" war auch "Verdammnis" dabei.
"Das Tabu, dass man über Tote nichts Schlechtes mehr sagt, ist in Social Media nicht mehr so strikt."
Unser Netzreporter ist etwas skeptisch, ob das Ganze wirklich so viel bedeutet – denn ein Mausklick und ein paar Worte in die Tastatur sind schnell gemacht. Eine persönliche Kondolenz sei etwas ganz anderes, meint er. Und es ist ja auch was Anderes, sich sechs Stunden lang in eine Warteschlange zu stellen, um sich in ein Buch einzutragen oder an einem Sarg vorbei zu gehen.
Superschnell… zu schnell?
Der Kurznachrichtendienst ist natürlich auch eines der schnellsten Quellen, wenn jemand gestorben ist – manchmal allerdings zu schnell bzw. fake. Am Wochenende war zum Beispiel Wikipedia-Gründer JimmyWales angeblich tot.
Am Ende war das mal wieder eine Hackingaktion einer "Sicherheitsfirma" namens OurMine, die selbst bessere Account-Absicherungen verkaufen wollen. Sie hatten auch schon mal die Twitteraccounts von Mark Zuckerberg, Twitter-Gründer Evan Williams, Google-CEO Sundar Pichai sowie des anderen Twitter-Gründers und Chefs Jack Dorsey gehackt.