Die ehemalige Miss Türkei Merve Büyüksarac hat auf Instagram ein regierungskritisches Gedicht weiterverbreitet. Jetzt drohen ihr zwei Jahre Gefängnis wegen Beleidigung einer öffentlichen Person. Kein Einzelfall.
Der Stein des Anstoßes ist mittlerweile nicht mehr zu finden, da der Instagram-Post, um den es geht, gelöscht wurde: Die ehemalige Miss Türkei Merve Büyüksarac soll ein Gedicht geteilt haben, in dem unter anderem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert wird. Das Gedicht stammt aus dem türkischen Satiremagazin Uykusuz und nimmt laut Medienberichten die Korruption in der türkischen Politik aufs Korn. Die türkische Justiz habe bereits Ermittlungen gegen die 26-Jährige eingeleitet: Wegen Beleidigung einer öffentlichen Person droht ihr im schlimmsten Fall eine mehrjährige Haftstrafe.
Damit ist Merve Büyüksarac kein Einzelfall, berichtet DRadio-Wissen-Redakteurin Tina Kießling: Auch türkische Journalisten klagen über mangelnde Meinungsfreiheit. Aktuell muss sich zum Beispiel der Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet vor Gericht verantworten, weil er einen Staatsanwalt interviewt hat, der gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ermittelt. Im Januar wurde ein 16-jähriger Schüler festgenommen, weil er auf einer Veranstaltung Erdogan und seine Partei AKP kritisiert hat.
"Allein seit vergangenem August sollen in der Türkei 60 Menschen angeklagt worden sein, weil sie sich über den Präsidenten lustig gemacht haben."
Merve Büyüksarac wurde 2006 zur Miss Türkei gewählt, hat gemodelt und arbeitet jetzt als Designerin und Autorin. Sie hat etwa 15.000 Follower auf Instagram und 30.000 bei Twitter - teilt in den Sozialen Netzwerken ansonsten aber eher Fotos von ihren Hunden als politische Kritik. Sie habe Erdogan nicht beleidigen wollen, wird die 26-Jährige in der Zeitung Hürriyet zitiert: Das Gedicht habe sie geteilt, weil sie es lustig fand.
Kritik: unerwünscht
Kritik an seiner Person und dann auch noch in den Sozialen Netzwerken - beides hat Recep Tayyip Erdogan nicht besonders gern. Erst im vergangenen Jahr ließ er Twitter sperren, weil dort Audio-Mitschnitte kursierten, die Korruption in Erdogans Umfeld belegen sollten. Vorwürfe, die nicht aus der Luft gegriffen waren: Ebenfalls 2014 - damals war Erdogan noch türkischer Ministerpräsident - gab es entsprechende Ermittlungen. Die Verfahren sind mittlerweile alle eingestellt, aber die Kritik schwelt weiter, sagt Tina Kießling - auch und vor allem in den Sozialen Netzwerken.