Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird wieder verstärkt über Atomwaffen und die Angst vor einem Atomkrieg gesprochen. Bei dem Thema Atomwaffen fehle es an Transparenz und Aufklärung, findet die Jugenddelegierte Elisabeth Saar. Sie nimmt an der UN-Konferenz zur nuklearen Abrüstung teil.
"In der Schule habe ich nicht gelernt, dass in Deutschland 20 Atomwaffen stationiert sind", sagt Elisabeth Saar. Sie ist eine von sechs Jugenddelegierten der Friedenswerkstatt Mutlangen und nimmt gerade an der zehnten Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag der Vereinten Nationen (UN) teil.
Die Konferenz findet vom 1. bis 26. August in New York statt. Sie hat die Aufgabe, die Ziele des Atomwaffensperrvertrags zu begutachten. In dem Vertrag von 1968 wurde die vollständige nukleare Abrüstung beschlossen.
190 Staaten sind seitdem den Atomwaffensperrvertrag beigetreten. Ob sie den Vertrag einhalten, kontrolliert die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO). Zusätzlich findet alle fünf Jahre die Überprüfungskonferenz der UN statt. Die letzte Konferenz ist 2015 ohne nennenswertes Ergebnis zu Ende gegangen.
Präsenz zeigen für Abrüstung
Als Jugenddelegierte vertritt Elisabeth Saar die Zivilgesellschaft. Sie möchte während der UN-Konferenz Präsenz zeigen und sich stellvertretend für die Zivilgesellschaft für die Abrüstung von Atomwaffen einsetzt. Dafür möchte sie mit den Politiker*innen ins Gespräch kommen, organisiert Demos und vernetzt sich mit den Jugenddelegierten anderer Staaten.
"Das ganze Thema Atomwaffen ist sehr intransparent."
In Deutschland würde viel zu wenig über die Überprüfungskonferenz zum
Atomwaffensperrvertrag und grundsätzlich über das Thema Atomwaffen und
nukleare Abrüstung gesprochen werden, kritisiert sie. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeige, dass ein Austausch über das Thema dringend notwendig sei.
Zu wenig Wissen über Atomwaffen
Seit ihrem Praktikum bei der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Ican) hat sie angefangen, sich mehr mit Atomwaffen und der Rolle Deutschlands bei der nuklearen Aufrüstung auseinanderzusetzen. "Ich habe in der Schule nicht gelernt, dass Deutschland mit der nuklearen Teilhabe Teil der nuklearen Bedrohung ist, dass deutsche Kredit- und Versicherungsinstitute indirekt in die Herstellung von Atomwaffen investieren oder hier auch technologisch zur Herstellung von Atomwaffen geforscht wird."
Laut Ican lagern bis zu 20 US-Atomwaffen auf dem rheinland-pfälzischen Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Die Bundeswehr soll sie im Ernstfall einsetzen. Sie sind Teil der nuklearen Teilhabe der Nato. Damit ist ein Abschreckungs- und Verteidigungskonzept gemeint, in dem Nato-Mitgliedsstaaten, die Atomwaffen besitzen, Mitgliedsstaaten ohne Atomwaffen nuklear ausstatten.
"Weder in der Schule noch in der Uni kommt man mit dem Thema Atomwaffen und nukleare Bedrohung groß in Berührung."
Laut einer Studie der Münchener Sicherheitskonferenz waren Mitte 2021 noch 57 Prozent der Deutschen für einen Abzug der Atomwaffen aus Deutschland und nur 14 Prozent für deren Verbleib.
Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben im Juni 2022 bereits 52 Prozent der Menschen in Deutschland sich für den Verbleib der stationierten US-Atomwaffen ausgesprochen. So das Ergebnis der Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Infratest-Dimap. Nur noch 39 Prozent waren für einen Abzug. Deshalb findet Elisabeth Saar, dass es mehr politische Bildungsarbeit über Atomwaffen und ihre Folge geben muss.
Von der diesjährigen Überwachungskonferenz erhofft sie sich, dass die UN in erster Linie sich auf ein Abschlussdokument mit den aktuellen Zielen der Abrüstung einigen. Darin sollten vor allem die Folgen eines Atomwaffeneinsatzes und auch der Atomwaffentests für die Menschen und die Umwelt festgehalten werden.
Im Gespräch mit Deutschlandfunk-Nova-Moderator Basti Schmitt erzählt Elisabeth Saar noch mehr über ihre Zeit bei den UN, wie es ist, mit bekannten Politiker*innen auf Augenhöhe zu sprechen und was sie sich für die Zukunft wünscht. Klickt dafür oben auf den Play-Button.