Nicht jeder Mensch, der in die EU gekommen ist, hat Anspruch auf ein Verfahren. In einem Grundsatzurteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die spanische Rückführungspraxis in Nordafrika bestätigt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Abschiebung zweier Afrikaner an der spanischen Grenze für rechtmäßig erklärt. Die Männer hätten sich ihre sofortige Zurückführung aus der spanischen Exklave Melilla nach Marokko selbst zuzuschreiben, weil sie auf illegale Weise eingedrungen seien. Sogenannte Push-Back-Aktionen an den europäischen Außengrenzen sind demnach legal.
Spanien habe weder das "Verbot der Kollektivausweisung" noch das "Recht auf wirksame Beschwerde" verletzt, urteilte die Große Kammer des Gerichtshofs und revidierte damit die Entscheidung einer niederen Kammer aus dem Jahr 2017. Das jetzige Grundsatzurteil ist endgültig und könnte weitreichende Folgen haben.
"Weil die Männer in einer großen Gruppe auf die Zäune geklettert sind, teilweise gewaltsam, haben die Richterinnen und Richter das als illegales Eindringen gewertet."
Europäische Grenzbehörden dürfen Geflüchteten und Einwanderern auch unidentifiziert und ohne Verfahren zurückschieben. Bei dem Verfahren ging es um die spanische Exklave Melilla.
Melilla gehört zu Spanien und damit auch zur EU, ist aber von marokkanischem Gebiet umgeben. Die spanische Stadt ist von einer Grenzanlage mit Zäunen und Kameras umgeben. Die von der spanischen Polizei bewacht werden. Ziel ist es, die Leute davon abzuhalten über den Zaun von Marokko nach Spanien und damit in die EU zu kommen.
Festnahme und Rückführung
Zwei Männer aus Mali und der Elfenbeinküste hatten – wie viele andere auch schon – versucht, über den Grenzzäune zu kommen. Sie wurden sofort festgenommen und von der Guardia Civil nach Marokko zurückgebracht. Sie wurden nicht registriert und bekamen kein Verfahren, keinen juristischen Beistand.
Dagegen haben sich die beiden Afrikaner vor Gericht gewehrt – gemeinsam mit einer deutschen Menschenrechtsorganisation. Deren Anwalt Wolfgang Kaleck hat vor dem Urteil heute nochmal klar gemacht, dass die beiden hier stellvertretend für alle Menschen stehen, die versuchen nach Europa zu kommen.
"Die Kläger hoffen, dass in Europa Recht für diejenigen gesprochen wird, die verletzbar sind und die arm sind."
Spanien hat das Argument vorgebracht, dass Ausländer grundsätzlich kein Recht haben, illegal ins Land zu kommen. "Alle Länder, deren Grenzen auch Außengrenzen der EU sind, werden sich durch das Urteil in ihrer Rückweisungspraxis bestätigt fühlen beziehungsweise diese daran anpassen", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Stephanie Gebert.
"Das bedeutet wohl, dass weiterhin Geflüchtete ohne Anhörung und Verfahren aufgegriffen und an die Grenzen zurückgebracht werden dürfen."
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