Der Tod von George Floyd ist etwa einen Monat her. Es folgten Empörung, Demos und Krawalle – bis heute. Die US-Politik reagiert und will das Polizeisystem verändern. Wie genau das geschehen soll, darüber sind sich Republikaner und Demokraten allerdings nicht einig.

Im US-Kongress tobt ein Grabenkampf. Der Gesetzesvorschlag der Republikaner von Präsident Donald Trump scheiterte am Mittwoch (24.06.2020) im Senat am Widerstand der oppositionellen Demokraten. Diesen geht der Entwurf nicht weit genug – ebenso wie Bürgerrechtlern und Menschenrechtsaktivisten.

Demokraten beschließen eigenes Gesetzespaket

Nächster Schauplatz war dann gestern das Repräsentantenhaus, wo die Demokraten einen Tag später einen eigenen Vorschlag zur Abstimmung gestellt haben. Wie angekündigt haben sie ihr eigenes Gesetzespaket für eine tiefgreifende Polizeireform auch beschlossen, berichtet USA-Korrespondent Jan Bösche. Der Vorschlag umfasst viele Punkten, die die Demokraten für wichtig halten:

  • Das Ende der Immunität von Polizisten, die bisher verhindert, dass sie vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden können
  • Eine nationale Datenbank, in der Polizeiübergriffe festgehalten werden – und auch die Polizisten, die solche Übergriffe ausgeführt haben, damit sie nicht in einer Stadt entlassen und in der nächsten dann wieder angeheuert werden können
  • Verbot von Würgegriffen im Polizeieinsatz
  • Verbot von Durchsuchungen und Stürmungen, ohne vorher anzuklopfen, beziehungsweise Bescheid zu geben
"Der zentrale Punkt für die Demokraten ist das Ende der Immunität von Polizisten, die bisher verhindert, dass sie vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden."
Jan Bösche, ARD-Korrespondent für die USA

Die Republikaner haben unterdessen im Senat, wo sie die Mehrheit haben, ihren eigenen Vorschlag vorangetrieben. Das Paket wurde von Tim Scott formuliert, dem einzigen schwarzen Senator der Republikaner.

Republikaner lehnen Aufhebung der Immunität ab

Auf den ersten Blick gebe es durchaus Gemeinsamkeiten, sagt Jan Bösche: Auch die Republikaner wollen etwa mehr auf Deeskalation und Training setzen. Auch sie wollen eine Datenbank einführen und Würgegriffe verhindern. Ihre Maßnahmen seien aber nicht ganz so streng. In vielen Fällen wollen sie eher appellieren oder drohen, anstatt wirklich Dinge zu verbieten. Der größte Unterschied sei die Aufhebung der Immunität der Polizisten – bei der wollen die Republikaner auf keinen Fall mitmachen.

"Die Aufhebung der Immunität von Polizeibeamten ist für die Republikaner ein No Go."
Jan Bösche, ARD-Korrespondent für die USA

In beiden Kammern des Kongresses liegt jetzt also eine jeweils andere Form einer Polizeireform bereit. Das bedeute einen Patt – im Prinzip passiert jetzt erst mal gar nichts mehr, so Jan Bösche.

Pattsituation ohne Ergebnis

Der republikanische Gesetzesentwurf ist gestorben, bevor er überhaupt richtig beraten werden konnte – er sei keine Arbeitsgrundlage, sagen die Demokraten. Gleichzeitig wurde der Gesetzesentwurf der Demokraten im Repräsentantenhaus mit nur drei republikanischen Stimmen beschlossen. Und Mitch McConnell, der oberste Republikaner im Senat, hat bereits angekündigt: Diesen Entwurf wolle er auch nicht beraten.

"Obwohl alle Seiten sagen: 'Ja, wir müssen etwas tun!' befürchte ich, dass wegen des Wahljahres nicht wirklich etwas zustande kommt."
Jan Bösche, ARD-Korrespondent für die USA

Das große Problem sei, dass wir uns in einem Wahljahr befinden, sagt Jan Bösche. Beide Seiten schielen auf ihre Wählerschaft und überlegen sich genau, welchen Vorschlag diese unterstützen würden.

In Wahljahren geht wenig voran

Der Gesetzesentwurf der Demokraten sei zwar der weitergehende, doch für viele progressive Kritiker der Polizei, die auf den Straßen demonstrieren, gehe er immer noch nicht weit genug. Die Demokraten verzichten also lieber auf einen Kompromiss mit den Republikanern, um nicht anschließend von ihren progressiven Wählern abgestraft zu werden.

Shownotes
US-Kongress
Streit über Reform zur Eindämmung von Polizeigewalt
vom 26. Juni 2020
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Jan Bösche, ARD-Korrespondent für die USA