Vassili Golod, 29, berichtet als ARD-Korrespondent aus der Ukraine. Ein Job, der seit dem großflächigen russischen Angriffskrieg lebensgefährlich geworden ist. Doch Vassili sagt: Er will zeigen, wie es den Menschen im Land geht und erklären, was dort passiert. Seine ukrainisch-russischen Wurzeln helfen ihm dabei.

Die meiste Zeit verbringt Vassili Golod seit einigen Monaten in der Ukraine – als fester Korrespondent der ARD in Kiew. Wenn er zu Besuch in Deutschland ist, dann kann er endlich ein paar Nächte durchschlafen. Denn dann löscht er vorübergehend die App, die ihn in der Ukraine laut vor Luftalarm weckt.

"Ich kann hier in Köln Nächte ruhig durchschlafen, ohne Sirenenalarm, ohne Raketenangriffe, ohne Drohnenangriffe. Die Menschen in der Ukraine können das nicht."
Vassili Golod über seine Heimatbesuche in Deutschland

Vassilis Mutter ist Russin, sein Vater Ukrainer. Geboren wurde Vassili in Charkiw, im Nordosten der Ukraine. Mit zwei Jahren kommt Vassili gemeinsam mit seiner Familie nach Deutschland und wächst im niedersächsischen Bad Pyrmont auf.

Krieg in den Köpfen

Fast jedes Jahr besucht er seine Großeltern in Russland. Dort merkt er irgendwann, was die russische Propaganda mit den Menschen macht. "Dass ein Krieg in den Köpfen angefacht wurde, das habe ich vor vielen Jahren in der Küche meiner Großmutter festgestellt, als sie plötzlich Dinge über die Ukraine sagte, voller Hass, voller Wut, voller Aggression, obwohl sie nicht in diesem Land war, keinen Kontakt dahin hatte", erzählt Vassili, "da habe ich festgestellt, was für ein Hass die russische Propaganda in den Köpfen der Menschen säht und wozu dieser Hass führen kann."

"Wer in Russland nicht irgendwas unternimmt, unterstützt diesen Krieg."
Vassili Golod, Korrespondent in der Ukraine

Als Korrespondent reist Vassili von Kiew aus durchs Land, spricht mit Ukrainerinnen und Ukrainern darüber, wie der großflächige russische Überfall am 24. Februar 2022 ihr Leben verändert hat. So wie das Leben von Vlada, einer jungen Musikerin, deren Partner im Krieg getötet wurde. "Der Verlust, den sie hat durch den Tod ihres Partners, der ist nicht in Worte zu fassen, aber der ist für sie in Musik zu fassen", sagt Vassili. Gemeinsam mit anderen Musiker*innen hat Vlada die kulturelle Front Kiew gegründet – sie sammeln Spenden und treten vor ukrainischen Soldatinnen und Soldaten auf. Seine Begegnungen hat Vassili in der ARD-Doku "Ukraine – Krieg im Leben" festgehalten.

Abschalten ist unmöglich

Vassili selbst sieht sich nicht in erster Linie als Kriegsreporter, sondern als Korrespondent, der in einem Land arbeitet, das er gut kennt und das von Russland in einen Krieg gezogen wurde – erst mit der Annexion der Krim im Jahr 2014, seit einem Jahr nun mit der großflächigen russischen Invasion. Abschalten kann Vassili bei seiner Arbeit im Moment nicht, dafür ist der Krieg zu präsent.

Mit welchem Gefühl er zurück nach Kiew fährt, wieso er im Moment keine Grundlage für Friedensverhandlungen sieht und wie ihm Fechten bei seiner Arbeit als Journalist hilft, hört ihr im Deep Talk Podcast.

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Shownotes
Ukraine-Korrespondent Vassili Golod
"Ich kann nicht abschalten, ich krieg das nicht hin"
vom 15. Februar 2023
Moderatorin: 
Rahel Klein