Studierende haben oft Probleme, finanziell über die Runden zu kommen, und arbeiten nebenbei, etwa als studentische Hilfskraft. Doch die Arbeitsbedingungen sind prekär, deshalb fordern sie einen Tarifvertrag.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verhandeln in den Tarifkommissionen über den Tarifvertrag Studentische Beschäftigte (TVStud). Zur Stärkung ihrer Verhandlungsmacht haben sie zum bundesweiten Hochschulaktionstag aufgerufen. In vielen verschiedenen Uni-Städten haben die Studierenden für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert.
Im TVStud soll der
- Urlaubsanspruch auf 30 Tage,
- Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
- Sonderzahlungen und
- Zuschläge geregelt,
- eine Mindestlaufzeit und
- Mindeststundenumfang festgelegt werden.
- Außerdem soll bundesweit ein einheitliches Stundenentgelt verhandelt werden.
Keine optimalen Arbeitsbedingungen
Studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte werden von den Hochschulen angestellt, um sogenannte forschungs- und lehrbezogene Tätigkeiten auszuführen. Zum Beispiel Tutorien geben. Sarah zum Beispiel hat schon zwei verschiedene Stellen als Tutorin gehabt. Sie studiert an der Uni Bielefeld. Von Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sei nie die Rede gewesen.
"Von Urlaub hab ich in den Tutorien nie etwas gehört, da wurde man nicht drauf hingewiesen, dass man Urlaub hätte, den man nehmen könnte. Und wenn man krank war, muss man sein Tutorium natürlich dann nachholen."
Solche Erfahrungen sind kein Einzelfall. Eine Studie vom Bremer Institut für Arbeit und Wirtschaft, die von den Gewerkschaften Verdi und GEW in Auftrag gegeben wurde, kommt zu ganz ähnlichen Ergebnissen.
Großteil der studentischen Hilfskräfte ohne Tarifvertrag
Marvin Hopp ist Co-Autor der Studie, bei der über 11.000 studentische Beschäftigte befragt wurden. Die allermeisten von ihnen arbeiten ohne Tarifvertrag. Den gibt es bundesweit nämlich nur in Berlin. Und das macht einen Unterschied.
"Wir können anhand der Studie relativ deutlich zeigen, wie groß das Gefälle zwischen Berlin und den anderen Bundesländern ist. Das fängt an mit der Einhaltung von Urlaubsansprüchen."
Bundesweit sei es so, dass 40 Prozent der studentisch Beschäftigten ihren Urlaub nicht vollständig nehmen oder gewährt bekommen, sagt Marvin Hopp.
Die Studie kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass studentische Stellen ohne Tarifbindung in der Regel extrem kurz befristet sind. Auch das hat Sarah erlebt. Sie wurde nur Semesterweise angestellt. Eine Sicherheit auf Weiterbeschäftigung gab es nicht.
"Es war so, dass es einen Monat vor den Semesterferien hieß: Ach, übrigens, im nächsten Semester machen wir gar keinen Grundkurs, da hättest du also keine Stelle. Kannst du das irgendwie überbrücken? Danach würden wir dich gerne wieder nehmen."
Mit dem TVStud sollen diese schlechten Arbeitsbedingungen verschwinden. Studentische Stellen sollen eine Mindestlaufzeit haben, das Entgelt erhöht und der Urlaubsanspruch klar festgeschrieben werden.
Tarifgemeinschaft muss entscheiden
Darüber entscheiden muss am Ende die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, in der Vertreter*innen der Finanzministerien sitzen. Laut ihrem Vorsitzenden Andreas Dressel übersteigen die Forderungen die verfügbaren Mittel der Länder bei Weitem.
"Das würde bedeuten, wenn wir die Forderungen erfüllen würden, dass die Länder zahlungsunfähig wären und wir die anderen Kernaufgaben, die die Länder haben, nicht mehr erfüllen können."
Dass die Tarifgemeinschaft einen Tarifvertrag aktuell ablehnt, ist bemerkenswert. In vielen Bundesländern gibt es nämlich in den jeweiligen Koalitionsverträgen Absichtserklärungen, einen Tarifvertrag einzuführen. Laura Six von der Initiative TVStud kritisiert das.
Ablehnung des TVStud politischer Skandal
"Wer so mit demokratisch getroffenen Entscheidungen umgeht, der muss sich dann auch nicht wundern, dass das Demokratieverdrossenheit und auch politische Frustration innerhalb einer sehr jungen Generation zutage fördert", sagt Laura Six. Sie spricht von einem politischen Skandal. Andreas Dressel sieht das deutlich anders.
"Deshalb sind Absprachen in Koalitionsverträgen, Aufforderungen aus Landesparlamenten, man möge doch endlich mal einen studentischen Tarifvertrag machen, alles Forderungen. Am Schluss müssen sie sich aber an der Realität messen."
Die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite steht die Tarifgemeinschaft, die keine verfügbaren Mittel für einen Tarifvertrag sieht. Auf der anderen Seite die Initiative TVStud, die erwartet, dass niemand an einer Hochschule prekär beschäftigt sein sollte.
Dabei geht es nicht nur um Finanzen, sondern auch ums Prinzip, erklärt Marvin Hopp. Es müsse die grundlegende Frage geklärt werden, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Tarifvertrag arbeiten sollten, wenn sie beim Staat beschäftigt sind.