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Die Videospielsucht ist als Krankheit in den Katalog der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen worden. Daran gibt es viel Kritik aus der Wissenschaft und der Games-Branche.

Es war nur noch eine Formalie: Seit Ende Mai 2019 ist die Videospielsucht oder "Gaming Disorder" offiziell als Krankheit in den Katalog der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen.

Nicht nur aus der Spieleindustrie kommt Kritik an der Entscheidung. Mehr als 30 Forscher und Wissenschaftlerinnen aus Europa und den USA haben sich ebenfalls gegen diese Einteilung ausgesprochen. Denn sie halten die Entscheidung für verfrüht. Sie basiere auf einer schwachen Grundlage, so die Forschenden, denn die Krankheit sei noch nicht genügend untersucht.

Kriterien orientieren sich an Glücksspielsucht

Darüber, was eine "Gaming Disorder" wirklich ausmacht, gibt es immer noch gewissen Unklarheiten. Zum Beispiel wo die Grenze zwischen normalem Spielverhalten und Krankheit verläuft.

Aktuell orientieren sich die Kriterien einer Videospielsucht an denen der Glücksspielsucht und müssen über einen längeren Zeitraum von mindestens zwölf Monaten vorliegen. Wenn zum Beispiel Zocken Vorrang vor anderen täglichen Aktivitäten bekommt und Schule, Beruf, soziale oder persönliche Beziehungen beeinträchtigt sind, kann eine Videospielsucht diagnostiziert werden.

"Man muss die Kontrolle über sein Leben schon in einem gewissen Maße verloren haben, damit ein Arzt die Videospielsucht diagnostizieren kann."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Neben den Forschenden kritisieren auch mehrere Organisationen der Gamingbranche die Entscheidung der WHO. Sie haben zum einen Angst vor einer Stigmatisierung der Spieler. Zum anderen fürchten sie finanzielle Einbußen.

Die Branche verweist darauf, dass mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit die Videospiele "sicher und vernünftig" genießen würden. Der therapeutische, der pädagogische und der Erholungswert von Spielen sei gesichert und weitgehend anerkannt, so eine internationale Allianz, die sich aus Games-Verbänden aus unterschiedlichen Ländern gebildet hat.

Ab 2022 offiziell in Kraft

Es gibt aber auch Spielehersteller, die angekündigt haben, die Krankheit ernst zu nehmen und Gegenmaßnahmen einzuführen. So will Sony dem Problem zum Beispiel mit Altersfreigaben und besonderen Standards begegnen.

Der neue Katalog der WHO muss noch übersetzt werden und durch alle Instanzen gehen. Das heißt, die Änderungen treten voraussichtlich erst ab 2022 in Kraft.

Shownotes
Gaming Disorder
Videospielsucht im Gesundheitskatalog der WHO
vom 28. Mai 2019
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Reporter