Wie alt sind die Vorfahren der Menschen? Immer wieder geben neue Knochenfunde neue Erkenntnisse auf die Antwort. Forschende aus den USA und Südafrika haben sich jetzt alte bekannte frühmenschliche Fossilien noch mal genauer angesehen – und den Stammbaum der Menschen neu datiert.
Bisher haben Forschende angenommen, Lucy sei eine der ältesten bekannten Vorfahren der Menschen. Sie soll vor 3,2 Millionen Jahren gelebt haben und zur ausgestorbenen Gattung Australopithecus gehört haben. Ihr Skelett wurden 1974 in Äthiopien, also Ostafrika, gefunden.
Neuer Ursprung der Menschheit
Jetzt aber gibt es Little Foot und Mr. Ples: Die beiden sollen vor 3,4 Millionen Jahren gelebt haben und damit älter sein als Lucy.
Ihre Knochen wurden in Südafrika in den Sterkfontein-Höhlen entdeckt. In diesen Höhlen wurden bisher die meisten Australopithecus-Skelette der Welt gefunden. 1999 wurde die Höhlenregion zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt und wird seitdem als "Wiege der Menschheit" bezeichnet.
Mit den neuen Erkenntnissen würden die frühmenschlichen Fossilien aus Südafrika den Zeitpunkt und den Ursprung des Stammbaums der Menschen neu beschreiben.
Zu den Erkenntnissen sind Forschende der Purdue University in den USA und der südafrikanischen Witwatersrand-Universität gekommen. Sie haben die alten Knochenfunde von Little Foot und Mr. Ples mit einem anderen Verfahren als bisher untersucht.
Bekannte Funde neu datiert
Die die beiden frühmenschlichen Fossilien sind schon lange bekannt. Little Foot wurde 1998 entdeckt und ist das bisher vollständigste Skelett eines Australopithecus. Mr. Ples wurde sogar schon in den 1950er-Jahren gefunden. Hinter ihm versteckt sich der Schädel eines Australopithecus.
Bis zu den jetzt veröffentlichen Studienergebnissen der Forschenden aus den USA und Südafrika wurde das Alter der Knochen unterschiedlich eingeschätzt. Bei einer Untersuchung von Tierknochen kamen Forschende auf eine Zeitspanne von einer bis vier Millionen Jahre. Eine andere Untersuchung von Kalkablagerungen und Tropfsteinen gab Hinweise darauf, dass die frühmenschlichen Fossilien 2 bis 2,6 Millionen Jahre alt sein könnten.
Wirrwarr in der "Wiege der Menschheit"
Grund für das Durcheinander der Zeitspannen ist der Fundort der Knochen. Nach einem Einsturz in den Sterkfontein-Höhlen haben sich die Gesteinsschichten dort miteinander vermischt. Für ihre aktuelle Studie haben die Forschenden die seltenen radioaktiven Isotope Aluminium-26 und Beryllium-10 genauer untersucht. Die werden in Quarz gebildet, solange kosmische Strahlung eintritt, das Mineral also an der Erdoberfläche ist.
Durch den Einsturz waren die Gesteinsschichten aber nicht mehr an der Oberfläche und dadurch keiner kosmischen Strahlung ausgesetzt. Die Folge: Der radioaktive Zerfall hat eingesetzt. Wenn man misst, wie viele von diesen Isotopen noch in der Gesteinsschicht sind, dann kann man sagen, wie lange diese Schicht schon nicht mehr an der Oberfläche und von Ablagerungen darüber bedeckt ist.
Damit haben die Forschenden die Kammer der Höhle, in der die Skelette gefunden worden sind, mit deren Inhalt – also auch mit den Knochen – auf 3,4 Millionen Jahre datiert.