Altbau, Holzdielen, Stuck an den Wänden, bezahlbar. Wer in so einer Wohnung wohnt, denkt sich: Bingo! Doof ist es aber, wenn Investoren die Häuser kaufen und die Mieten teurer werden. Das Gute: Mieter können sich wehren.

Sabine und ihr Mann Christian treffen sich zur Krisensitzung in ihrer Berliner Wohnung, zusammen mit anderen Mietern des Hauses. Ein Mitbewohner hatte vor ein paar Tagen per Zufall beim Raustragen des Mülls im Hof mitbekommen, dass das Haus an einen Investor verkauft werden soll. 

Altbau in der Liberdastraße, Berlin
© Deutschlandfunk Nova | Anna Schönfelder
Das Haus in der Liberdastraße in Berlin, in dem Sabine und Christian wohnen

Alle wissen: In Neukölln sind die Mieten in den vergangenen sechs Jahren um 80 Prozent gestiegen. Das Plenum an Sabines Tisch will verhindern, dass sie bald 13 statt 7 Euro Kaltmiete zahlen müssen.

"Wir wollen uns nicht die Frage stellen: Können wir hier in fünf Jahren noch wohnen, oder müssen wir an den Stadtrand ziehen?"
Christian, Mieter eines Hauses in Berlin, das an einen Investor verkauft werden sollte

Investoren sind an einer möglichst hohen Rendite interessiert. Hippe Viertel - egal ob in Berlin, München oder Düsseldorf - gelten als Filetstücke. Sie kaufen die Häuser auf, renovieren sie gegebenenfalls und vermieten oder verkaufen sie zu vielfach höheren Preisen. Neukölln zählt dazu. 

Sabine und Christian vor der Haustür des Hauses in Berlin
© Deutschlandfunk Nova | Anna Schönfelder
Sabine und Christian haben sich mit anderen Mietern des Hauses darum gekümmert, dass das Haus nicht an einen Investor verkauft wurde

Paragraph, der die Verdrängung von Mietern verhindert

In Sabines und Christians Küche wird jetzt diskutiert: Höhere Mieten wollen sie alle nicht. Ausziehen auch nicht. Da kommt die Idee auf, das Haus selbst zu kaufen. Doch dazu fehlt das Geld. Also Plan B: Kontakt zum Neuköllner Baustadtrat aufnehmen. Die können nämlich das Vorkaufsrecht anwenden.  

"Mit dem Vorkaufsrecht können wir verhindern, dass Häuser in einer Art verwendet werden, wie wir es nicht wollen."
Jochen Biedermann, Neuköllner Baustadtrat

Genau nachlesen kann man das im Baugesetz, Paragraph 24: "Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung."

Mit Paragraph 24 soll Verdrängung von Mietern verhindert werden. Wenn die Stadt - statt des Investeros - das Haus kaufen soll, muss schnell gehandelt werden. Zwei Monate hat man Zeit, um das Vorkaufsrecht anzuwenden. Für die Mieter ist das alles ein Nervenkrieg.   

"Häuserkampf ist ein Hobby, was kein Mensch braucht. Wir haben oft gedacht: Hätten wir doch ne Zusatzausbildung in Immobilien- oder Verwaltungsrecht."
Sabine, Mieterin eines Hauses in Berlin, das an einen Investor verkauft werden sollte

Für Sabine und Christian ging es gut aus. Eine Wohnungsgesellschaft des Landes Berlin hat übernommen, das Haus und die günstigen Mieten sind gerettet. Übrigens das erste Mal in Neukölln. 

Shownotes
Bezahlbar in der Stadt wohnen
Vorkaufsrecht kann Investoren stoppen
vom 06. Juli 2017
Moderator: 
Paulus Müller
Autor: 
Dominik Schottner, Deutschlandfunk Nova