Fast-Pleite von American Apparel

Sex sells - no more

American Apparel: Porno-Schick, bunte Unterwäsche, freizügige Werbung - und faire Arbeitsbedingungen. Das war eine Erfolgsgeschichte, die jetzt wohl zu Ende ist. Schlechte Zeiten für American Apparel, genauso wie für einige andere US-Modemarken.

American Apparel hat Gläubigerschutz angemeldet. Das Unternehmen bittet seine Gläubiger also darum, im großen Stil Schulden zu erlassen, weil es sonst pleitegeht. Der Grund für die Talfahrt des einstigen Hipster-Labels: Das Image ist ruiniert. Bei American Apparel hat der Vorstandschef Mitarbeiterinnen sexuell belästigt. Er soll regelmäßig in Unterhose im Büro aufgetaucht sein und sogar vor einer Reporterin masturbiert haben. Obendrein ist rausgekommen, dass das Unternehmen doch nicht so fair produziert, wie es nach außen hin dargestellt wurde. Ein Imageverlust auf ganzer Linie.

Aber nicht nur American Apparel geht es schlecht: Abercrombie & Fitch stecken ebenfalls in den roten Zahlen. Als Auslöser für die Krise bei Abercrombie & Fitch gilt vielen ein dummer Spruch, den der Geschäftsführer abgelassen hat. Mike Jeffries soll gesagt haben, nur gutaussehende Menschen würden zur Marke passen. Dicke Menschen hätten nichts in seiner Kleidung zu suchen. "Wir wollen das All-American-Kid, das gut drauf ist und viele Freunde hat." Dafür hat Abercrombie & Fitch einen Shitstorm geerntet.

"Authentisches wird wichtiger - das erklärt zum Beispiel den Erfolg von Birkenstock."
Sandra Pfister, Wirtschaftsjournalistin

Aber natürlich ist da noch mehr: Das aggressive Marketing dieser Marken hat sich abgenutzt. American Apparel verkauft sich über Sex und Stars, Abercrombie auch über Sex und darüber, dass es als Statussymbol getragen wird. Aber so wollen sich viele 15- bis 30-Jährige anscheinend nicht mehr sehen. Authentisches wird wichtiger, sagt unsere Wirtschaftsjournalistin Sandra Pfister Das erklärt zum Beispiel den Erfolg von Birkenstock. Das Unternehmen hatte sich geweigert, die Urform der Schuhe allzu stark zu verändern.

Zweikampf der Systeme

Viele Modeexperten sind sich sicher: In der Modebranche gab es einen Zweikampf der Systeme: Abercrombie gegen Zara. Auf der einen Seite großspurige Amerikaner, die die eigene Marke mit Sex und lauter Musik und eigenem Parfüm inszenieren. Und auf der anderen Seite die nüchternen Spanier, die das Gefühl vermitteln, dass nicht Geld zählt, sondern nur das Gefühl für einen sicheren Stil. Also amerikanische Großkotzigkeit gegen europäisches Unterstatement. Es sind nicht zufällig europäische Konzerne, die profitieren, sagen die Modeexperten: Die mussten sich seit Jahren darauf einstellen, dass die Geschmäcker zwischen Barcelona und Stockholm doch irgendwie unterschiedlich sind. Und Zara und H&M sind nicht nur billiger, sondern auch schneller, weil sie öfter die Kollektion auswechseln.

Besonders ökologisch ist diese Taktik nicht. Und natürlich machen sich Kunden auch etwas vor, wenn sie glauben, sich Individualität einzukaufen und doch nur das tragen, was alle im Schrank hängen haben. Aber es gibt durchaus kleinere Marken - Nischen, denen es gut geht: zum Beispiel Bershka: bunt, laut und dröhnende Musik. Oder Massimo Dutti, die eher ein gediegeneres Publikum ansprechen. Am Ende gehören viele von ihnen ironischerweise entweder zu Zara oder zu H&M. Aber der nächste große Superhype neben H&M und Zara ist noch nicht zu sehen. Modefachleute rechnen damit, dass der eher aus China kommen könnte. Oder, dass es ganz einfach ein Online-Ding wird.

Shownotes
Fast-Pleite von American Apparel
Sex sells - no more
vom 06. Oktober 2015
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Sandra Pfister