Was bei Graupapageien einfach funktioniert, ist bei Schimpansen aussichtslos: die Imitation menschlicher Sprache. Obwohl die Affen dem Menschen mit 98,7 Prozent genetisch stark ähneln, sind bislang alle Versuche der Unterrichtung misslungen. Vielleicht weil ihnen ein ganz bestimmtes Gen fehlt.

"Schimpansen fehlen die anatomischen Voraussetzungen zum Sprechen", erklärt DRadio-Wissen-Biologe Mario Ludwig. Ein Sprachzentrum, wie es im menschlichen Gehirn zu finden ist, wurde bei den Primaten nicht ausgebildet. Hinzu kommt die mangelnde Absenkung des Zungenbeins im Verhältnis zum Schädel, wodurch die Lautbildung verhindert wird. Außerdem ist der Unterzungennerv beim Menschen doppelt so groß wie bei den Schimpansen - eine evolutionäre Veränderung beim Menschen parallel zur Sprachentwicklung.

Schimpansen haben ein unterentwickeltes Sprachgen

Nach neuesten Erkenntnissen kommt ein weiterer Defekt bei den Schimpansen hinzu, der es ihnen unmöglich macht zu sprechen: Ihr Sprachgen - FOXP2 - hat nicht dieselben Mutationen wie beim Menschen durchlaufen - weshalb wir sprechen können und Schimpansen nicht. Das heißt aber nicht, dass Schimpansen nicht kommunizieren können. Sie verständigen sich per Zeichensprache.

"Beim ersten Schneefall machte die Schimpansin Washoe immer das Zeichen für 'Vogelfleisch'. Denn jetzt war wieder der Putenbraten zum traditionellen Thanksgiving-Fest fällig."
DRadio-Wissen-Biologe Mario Ludwig

Die Psychologieprofessoren Allen und Beatrix Gardner von der Universität von Nevada in Reno brachten Mitte der 1960er-Jahre dem zehn Monate alten Schimpansenbaby Washoe bei, sich mit Hilfe der "American Sign Language" zu verständigen. Es ist eine Zeichensprache, die ursprünglich für amerikanische Gehörlose entwickelt wurde.

Hypothese: Sprache entwickelte sich aus Gesten

Aber auch wildlebende Schimpansen kommunizieren per Zeichensprache. Schottische Forscher haben vor Kurzem bei einer Schimpansengruppe in Uganda beobachtet, dass sie sich untereinander mit mindestens 66 unterschiedlichen Zeichen beziehungsweise Gesten verständigen.

Und 24 dieser 66 Gesten werden in ähnlicher Weise auch von Gorillas und Orang-Utans genützt. "Das ist hochinteressant", sagt Mario Ludwig. "Diese Tatsache stützt die Hypothese, dass sich die menschliche Sprache aus Gesten entwickelt hat."

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Shownotes
Das Tiergespräch
Auf den Mund gefallen
vom 19. Februar 2014
Moderation: 
Daniela Tepper
Gesprächspartner: 
Mario Ludwig, Tierexperte