Konflikte haben Potenzial, an Feiertagen zu eskalieren. An Weihnachten steigt die Beratung zu Familienkonflikten im Vergleich zum Jahresschnitt. Bereits jetzt können wir uns Gedanken darüber machen – und am Ende nicht in jede Diskussion einsteigen.
Egal ob es um die Weihnachtsplaylist, das Essen oder die ganz großen Themen geht – die Weihnachtstage bieten viel Potenzial für Streit mit Eltern, Geschwistern, Großeltern oder anderen Verwandten.
"Wir haben gute Tipps auf Lager und wir sind vor allem sehr gut darin, eben auch ein bisschen zu deeskalieren."
Das merkt auch die Organisation Krisenchat.de. Zwischen dem 24. und 26. Dezember nehmen Hilfeanfragen stark zu, in denen es um familiäre Konflikte geht. Juliane Pougin leitet die psychologische Beratungsstelle bei Krisenchat.de und sagt, die Ursachen dafür sind sehr vielfältig. Manche Konflikte zeichnen sich auch schon vorher ab: "Wenn es darum geht, wie soll das Weihnachtsfest gestaltet werden, wer ist alles dabei, was wird erwartet. Und da prallen eben manchmal doch unterschiedliche Vorstellungen aufeinander und das kann schon im Vorfeld einiges an Konfliktpotenzial bergen."
"Ganz wichtig ist, erstmal durchatmen. Man muss eigentlich gar nicht immer gleich antworten."
Einen Tipp, den Juliane Pougin gibt: Erstmal durchatmen, wenn wir uns über eine andere Person aufregen. Wir müssen nicht auf jeden Kommentar reagieren. Außerdem sollten wir uns überlegen, wie wichtig es uns ist, dass die ganze Familie zusammenkommt. "Und kann ich da nicht vielleicht ein bisschen auch nachsichtig mit den anderen sein? Vielleicht auch so nachsichtig, wie ich es gerne möchte, dass man mit mir umgeht", sagt die Leiterin der psychologischen Beratungsstelle bei Krisenchat.de.
Konflikte vorher diskutieren und entschärfen
Manche Themen lassen sich bereits im Vorfeld klären, zum Beispiel, indem man Kompromisse aushandelt. Ein Beispiel: Der Vater besteht auf den gemeinsamen Verdauungsspaziergang nach dem Essen. Die Kinder würden es bevorzugen, sich auszuruhen. "Da kann man ja vorher schon mal drüber sprechen, dass man sich zum Beispiel darauf einigt: 'Mensch, nach dem Essen lasst uns erstmal so 20 Minuten, eine halbe Stunde noch mal ein bisschen ruhig auf dem Sofa sitzen, jeder für sich die Gedanken sammeln und dann gehen wir zusammen spazieren'. Also das heißt ja nicht, dass man irgendetwas lassen muss, sondern vielleicht nur ein bisschen die Reihenfolge ändern", sagt Juliane Pougin.
Antworten schon vorher zurechtlegen
Eskalierende Diskussionen gehören in vielen Familien ebenfalls zum Weihnachtsfest. Juliane Pougin empfiehlt, sich auch in solchen Situationen einfach mal kurz zurückzuziehen und zu sammeln. Sie rät, dass wir uns im Voraus schon ein paar Gedanken darüber machen können, wie wir auf bestimmte Sätze und Situationen reagieren. Themen, die wir bereits aus vergangenen Jahren kennen: "Der Onkel, der dann irgendwie anfängt, zum fünften Mal zu fragen, was man denn im Leben vorhat. Oder die Tante, die dann schon wieder an irgendetwas rumkritisiert – dass man vielleicht ein paar nette, aber doch grenzaufzeigende Antworten hat, das ist vollkommen in Ordnung."
"Und vor allem dran denken, auch diese Tage haben nur 24 Stunden. Die gehen vorbei."
Zum Thema Essen oder Weihnachts-Playlist sagt Juliane Pougin, dass es sinnvoll sein kann, sich selber einzubringen. In die Playlist können wir Songs integrieren, die uns gefallen. Und wenn wir uns vegan oder vegetarisch ernähren, können wir einfach Essen nach unserem Geschmack mitbringen – ohne es groß zu erklären. Das erspart uns die leidigen Diskussionen mit Verwandten, die etwa auf ihren Braten bestehen.
Und das Wichtigste: Immer daran denken, dass auch die Weihnachtstage irgendwann enden. "Die gehen vorbei und danach ist die Zeit zwischen den Jahren, wo man Luft schnappen kann, bevor man sich selber was Schönes für Silvester vornehmen kann", sagt Juliane Pougin.
Bestimmte Dinge beschäftigen dich im Moment sehr? Du hast das Gefühl, in einer Situation zu stecken, die du nicht alleine klären kannst? Du weißt nicht mehr, wie es weitergehen soll? Hier findest du einige anonyme Beratungs- und Seelsorge-Angebote.
