Wir leben im Jahrhundert der Städte: Bereits jetzt lebt über die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Siedlungen. Bis 2050 wird der Anteil der Stadtbewohner auf rund 70 Prozent steigen. In dieser Woche findet in Ecuadors Hauptstadt Quito der dritte Weltsiedlungsgipfel der Vereinten Nationen statt. "Habitat III" heißt die Konferenz, auf der Zukunftslösungen für die Probleme in den Ballungsräumen beraten werden.
Megacitys wie Sao Paulo oder Mexiko City wachsen immer weiter - und damit auch die Probleme. Sie entstehen aus dem chaotischen Wachstum der Städte: 1,4 Millionen Menschen ziehen pro Woche neu in Städte oder werden dort geboren - so viele wie in der Stadt München leben. Meist fehlt es an Grundsätzlichem: Wasser, Energie, Straßen, Müllabfuhr. All das muss für die vielen Stadtbewohner sicher gestellt werden und zwar so, dass es umwelt- und klimaverträglich ist.
"Wo sollen die alle wohnen? Viele Menschen besetzen Land, siedeln in informellen Siedlungen: Slums, Shanty-Towns, Favelas - jede Stadt hat dafür ihre eigenen Namen."
Es fehlt auch an Jobs, Bildung, aber auch am Zugang zur Justiz. Wenn der Staat nicht präsent ist, übernehmen oft die Mafia oder Gangs die Herrschaft. Zudem kommt es in den Megacitys oft zum Verkehrsinfarkt. In einer 20-Millionen-Metropole wie Sao Paolo zum Beispiel werden die Menschen wahnsinnig vor lauter Stau, wer kann, lässt sich im Hubschrauber rumfliegen.
Es gibt nicht die eine Stadt, in der alles perfekt ist.
Tokio zum Beispiel ist mit 35 Millionen Einwohnern unvorstellbar riesig und allein das U-Bahn-Netz ist eine Planungs-Meisterleistung. Modellstädte wie Masdar City in den Vereinigten Arabischen Emiraten sind Vorreiter bei erneuerbaren Energien und nachhaltigem Gebäudebau. In Südkorea entsteht derzeit die Planstadt New Songdo City etwa 65 Kilometer südwestlich von Seoul. Songdo ist als eine vollständig integrierte, intelligente Stadt konzipiert, ein futuristisches Versuchslabor.
Auch ärmere Städte in anderen Ländern haben gute Ideen: In Medellín in Kolumbien zum Beispiel wurde gezielt in öffentliche Plätze und gemeinschaftliche Räume wie Bibliotheken investiert. Das hat den sozialen Zusammenhalt gestärkt und dazu beigetragen, dass die Stadt sicherer geworden ist. Armenviertel an den Berghängen sind seit einiger Zeit mit Seilbahnen und Rolltreppen an das Zentrum angebunden. Das spart Zeit für die Bewohner und ist viel klimafreundlicher als Busse.
"Der Austausch ist zentral. Wer hätte gedacht, dass ein österreichischer Seilbahnbauer dazu beitragen kann, dass in La Paz das Verkehrschaos entschärft werden kann?"
Ergebnis der Gespräche bei "Habitat III" soll die "New Urban Agenda" sein, in der gemeinsame Aufgaben und Richtlinien für die Zukunft der Städte formuliert werden. Allerdings ist eine Städte-Enwicklungsagenda noch schwieriger zu fassen als zum Beispiel Klimaziele, weil die Entwicklung schwer messbar ist.
Aus Deutschland haben sowohl der Entwicklungsminister als auch die Umweltministerin abgesagt. Es kommt nur Berlins Oberbürgermeister. Für Südamerika-Korrespondentin Anne Herrberg ist das ein Zeichen dafür, wie schwierig es ist, dass verschiedene politische Ebenen zusammenkommen und arbeiten. Die "Habitat III" ist in erster Linie eine Plattform zum Ideenaustausch. Die Konferenz kann Entwicklungen nur anstoßen, sagt Herrberg.