Sitzungen sind oft langwierig und unproduktiv. Gleichzeitig haben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Gefühl, dass sie immer mehr Zeit dort verbringen. Wie sich Konferenzen konstruktiv gestalten lassen, hat uns die Philosophin und Unternehmensberaterin Rebekka Reinhard erzählt.
Fast die Hälfte der Zeit eines durchschnittlichen Arbeitstages sitzen wir in Besprechungen, hat die Hochschule Augsburg in einer Studie zur Arbeitssituation herausgefunden. Das Hauptproblem solcher Endlos-Meetings seien "unklare Ziele, unklare Vorgaben und eine falsch verstandene Konsenskultur, die überall eine Harmonie-Soße über Worte und Argumente gieße", sagt Rebekka Reinhard. Die Philosophin und Unternehmensberaterin coacht unter anderem Managerinnen und Manager zu ihrem Führungsstil.
"Unklare Ziele und Harmonie-Soße"
Wenn die Konferenzen zu lange seien, blieben viele andere Dinge auf der Strecke, die wichtig sind, um Effizienz und Effektivität des Betriebs zu sichern, so die Unternehmensberaterin. In vielen dieser Konferenzen würden zudem falsche oder auch gar keine Entscheidungen getroffen, weil sie auf unvollständigen Infos basierten.
"Der Gruppenzwang zur Harmonie-Soße ist ganz, ganz gefährlich."
Reinhard warnt vor zu viel Harmonie-Streben. Der Gruppenzwang nach Harmonie habe eine einschläfernde Wirkung und verzerre die Wahrnehmung. Das habe bereits 1951 das sozialpsychologische Konformitätsexperiment gezeigt, in dem Solomon Asch nachwies, dass Gruppenzwang eine Person so beeinflussen kann, dass diese eine offensichtlich falsche Aussage als richtig bewertet.
Ein einziger Querdenker genügt
Der Gruppenzwang sei also wahnsinnig mächtig, sagt Reinhard. Doch ein einziger "Störenfried" reiche aus, um eine konformistische, lethargische Gruppendynamik aufzubrechen.
"Wir brauchen Konfliktkultur statt Harmoniekultur."
In einer Konferenz sollte nie eine Entscheidung getroffen werden, bevor es nicht mindestens eine Gegenmeinung gibt. Das habe bereits der bekannte Management-Theoretiker und Philosoph Peter Drucker gesagt.
Bessere Meetings
Um Meetings besser und effizienter zu machen, brauche es klare Vorgaben und Regeln, sagt Reinhard. Um die abzustecken, müssten folgende Fragen gestellt werden:
- Wie oft findet das Meeting statt?
- Wie lange soll es dauern?
- Haben alle etwa gleiche Redeanteile, also: jung und alt, Chef und Mitarbeiter, Frau und Mann?
- Welche Praktiken machen bei uns – firmenspezifisch – Sinn, um zu einem guten Ergebnis zu kommen?
Dass viele Firmen nach wie vor am Meeting-Modell festhalten, sei ganz einfach eine Sache der Gewohnheit, sagt die Unternehmensberaterin.
Wir sind Meetings gewohnt
Menschen könnten sich erwiesenermaßen nicht länger konzentrieren als eineinhalb Stunden. Die meisten Meetings dauerten aber zwei bis drei Stunden, sagt Reinhard. Ihre konkreten Tipps lauten:
- Dauer: max. 20 Minuten
- Alle müssen vorbereitet sein.
- Es nehmen nur Leute daran teil, die auch unmittelbar betroffen sind.
- Es muss eine klare Zielvorgabe definiert sein.
- Ziele müssen im Nachhinein überprüft werden: Wurde auch umgesetzt, was beschlossen wurde?