Wir sind tolle Kolleginnen, wir sind ein Team – und wir fahren jetzt gemeinsam in den Klettergarten! Keine prickelnden Aussichten – sagt zumindest Frank Berzbach, Arbeitspsychologe an der TH Köln. Weil er solche Angebote für einen Übergriff in die Privatsphäre hält und überzeugt ist: Gute Teamarbeit hängt von ganz anderen Faktoren ab.

Der Arbeitgeber lädt in den Klettergarten: um das Team zu stärken, Herausforderungen zu meistern und ganz viel Spaß im Kollegenkreis zu haben. Der Arbeitspsychologe Frank Berzbach ist von solchen Plänen wenig begeistert. Weil für ihn klar ist: Der gemeinsame Ausflug in den Klettergarten ist nur scheinbar freiwillig. Weil oft vergessen werde: Wer sagt, "Ich möchte das nicht", gilt im Kollegenkreise schnell als jemand, der ausschert. 

Auch an der Methode hat der Arbeitspsychologe einiges auszusetzen: Ausflüge in den Klettergarten – diese Idee stamme eigentlich aus der Erlebnispädagogik und sei für schwer erziehbare Jugendliche gedacht. Wenn der Chef in den Klettergarten lädt, vermittele er also den Eindruck: Meine Angestellten müssen resozialisiert werden.  

"Ich halte viele dieser psychologischen und pädagogischen Spiele in diesem Bereich für überflüssig und für alberne Trends."
Frank Berzbach, Arbeitspsychologe an der TH Köln

Warum der Ausflug in den Klettergarten oder die gemeinsame Bootstour im Kollegenkreis so beliebt ist, kann sich der Arbeitspsychologe auch nicht erklären; vielleicht wollten sich Unternehmen so einen modernen Anstrich verpassen oder sie orientierten sich an der Konkurrenz. Und so werde viel Geld ausgeben, ohne, dass sich im Anschluss messen lasse, ob ein Team besser arbeitet.

Gute Rahmenbedingungen schaffen

Frank Berzbach hat für funktionierende Teams stattdessen ein paar Tipps auf Lager die zunächst weniger spektakulär klingen. 

  • Gemeinsam klären, wie viel Zeit es für ein Projekt gibt
  • Festlegen, wer über die Zusammensetzung des Teams bestimmt  
  • Geeignete Räume für das Team bieten
  • Mitarbeiter aus anderen Arbeitsbereichen freistellen
  • Kolleginnen selber Mitarbeiter für die Teams auswählen lassen
  • Im Konfliktfall eine Supervision zurate ziehen

Oder kurz zusammengefasst: Statt spektakulärer Abenteuer lieber gute Rahmenbedingungen schaffen. 

Ganz wichtig für den Arbeitspsychologen: Jede von uns sollte das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob wir an einer Teambuilding-Maßnahme jenseits des Büros teilnehmen wollen. Eine wirkliche Wertschätzung für die Mitarbeiter sei eher eine Einladung zum Essen oder die Möglichkeit, gegen Bezahlung ein Projekt in einem Tagungshotel anzugehen, um dem Alltagsstress im Büro zu entfliehen. So könne ein Arbeitgeber zeigen:

  • Ich nehme die Sache ernst
  • Ich stelle Ressourcen zur Verfügung
  • Ich schieße Vertrauen vor
  • Ich gewähre Freiheiten 
"Ich weiß nicht, warum ich spielen und rutschen soll, wenn ich arbeite."
Frank Berzbach, Arbeitspsychologe an der TH Köln

Ganz wenig kann Frank Berzbach auch dem Trend abgewinnen, Großraumbüros so zu gestalten, dass sie ans Bälleparadies eines großen schwedischen Möbelhauses erinnern. Anders, als sich das gerade Tech-Konzerne ausmalten, werde die Kreativität eher vertrieben, wenn das Büro ans Kinderzimmer erinnere. Ganz einfach, weil die Konzentrationsfähigkeit permanent sinke. 

Dass zum Beispiel Google als beliebter Arbeitgeber gilt, hat nach Meinung des Arbeitspsychologen viel damit zu tun, dass das Unternehmen auch Männern nach der Geburt eines Kindes großzügig Auszeit vom Job gewähre. Und ganz wenig mit Rutschen am Arbeitsplatz.   

Shownotes
Teambuilding im Job
Bitte keine Erlebnispädagogik!
vom 07. Juli 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Frank Berzbach, Arbeitspsychologe an der TH Köln