Die Caritas hat sich in einer neuen Studie mit bezahlbarem Wohnraum befasst und herausgefunden, dass es eins der ganz großen Themen ist - neben Rente, Pflege und Kinderarmut.

Man muss heute nicht arm sein, um keine Wohnung zu finden. Auch, wer durchschnittlich oder sogar ein bisschen mehr verdient und heute in Städten wie Köln, Hamburg aber auch Eichstätt oder Leipzig nach einer Mietwohnung sucht, der kennt das Problem: Es ist wenig bis nichts mehr zu finden. Die Caritas hat sich in einer neuen Studie mit dem Thema bezahlbarer Wohnraum befasst – und da vor allem untersucht, als wie drängend die Menschen das Problem sehen. 

Das Ergebnis: Bezahlbares Wohnen ist zu einer der vier zentralen Fragen in Deutschland geworden. Auf einem Level mit Rente, Pflege und Kinderarmut. 30 Prozent der Befragten sagen in der Studie: Mir ist äußerst wichtig, dass die Politik da was macht. Beim Thema Arbeitslosigkeit hingegen sagen das nur 16 Prozent.

"Wohnung ist Menschenrecht. Und da tatsächlich auch eine Wohnung, in der man sich wohlfühlen kann, sich zurückziehen kann, wo man Freunde empfangen kann."
Peter Näher, Chef der Caritas

Die Gründe für den fehlenden Wohnraum sind zunächst recht simpel. Es werden zu wenig Wohnungen und Sozialwohnungen gebaut in den Boomregionen. Und wenn gebaut wird, dann sehr teuer. Was auch an den niedrigen Zinsen liegt: Denn seit es kaum mehr Zinsen gibt, sind Häuser noch stärker zu Rendite- und Spekulationsobjekten geworden.

2016 wurden beispielsweise 278.000 Wohngebäude hochgezogen. Das waren allerdings vor allem Einfamilienhäuser und teure Eigentumswohnungen. Die Caritas sagt, dass es eigentlich mehr sein müssten. Und auf dem Markt für Sozialwohnungen sieht es noch schlechter aus: 2016 wurden 25.000 Wohnungen gebaut, benötigt würden aber 80.000.

"Wir haben einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum, der inzwischen bis in die Mittelschicht reinreicht - sei es der Polizist, die Krankenschwester, die Erzieherin, die kaum noch eine Wohnung finden."
Peter Näher, Chef der Caritas

Die privaten Bauträger und vor allem die Kommunen haben einfach den Run auf die deutschen Großstädte komplett verschlafen. Auch die Zunahme der Bevölkerung durch Geflüchtete und europäische Zuwanderer wurde unterschätzt. Und noch ein Punkt, der eine Rolle spielt: Immer mehr Leute wohnen allein oder zu zweit in Wohnungen, wo vor etwa 20 Jahren noch drei bis vier Menschen drin gewohnt haben.

Ein weiteres Problem hat seinen Ursprung vor etwa 20 Jahren. Anfang der 90er Jahre haben Kommunen, aber auch Bund und Länder begonnen, sozusagen ihr Tafelsilber zu verscherbeln. Sie haben mehr als zwei Millionen Wohnungen an private Investoren verkauft. Zum Vergleich: 1987 gab es noch 3,9 Millionen Sozialwohnungen. Heute sind es 1,3 Millionen.

Und das Mittel, was aus der Misere helfen kann? Es muss einfach mehr gebaut werden, sagt zum Beispiel auch der Caritaschef Peter Näher. Wo die Kommunen noch Baugesellschaften haben, da sollten sie sie gut ausstatten und lieber investieren, anstatt mit Renditen leere kommunale Kassen zu füllen. Ab 2020 gilt das Gleiche für die Länder: Da geht nämlich die gesetzliche Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau auf die Bundesländer über. Caritaschef Näher sagt aber auch, man sollte darüber nachdenken, Baustandards zu senken:

"Es ist sehr wichtig, Umweltstandards einzuführen und auch einzuhalten. Aber gleichzeitig ist es sehr sorgfältig zu prüfen, ob alle diese Maßnahmen unbedingt notwendig sind, wenn sie dann zu einer Verzögerung oder auch zu einer Verhinderung von Investitionen führen."
Peter Näher, Chef der Caritas
Shownotes
Wohnungsnot
Es muss mehr gebaut werden
vom 10. Januar 2018
Gesprächspartner: 
Manfred Götzke, Deutschlandfunk Nova
Moderatorin: 
Sonja Meschkat