Seit 70 Jahren gibt es den Bundestag. Aber worüber haben die Abgeordneten in dieser Zeit debattiert? Welche Themen hatten wann Konjunktur? Das lässt sich jetzt über ein Online-Tool von Zeit Online nachvollziehen.
Natürlich ist seit Bestehen des Bundestags – also seit 1949 – viel geredet worden. Das Tool von Zeit Online umfasst mehr als 200 Millionen Wörter. Über die Suchfunktion können wir checken, wann welche Begriffe besonders häufig verwendet wurden. Wann beispielsweise Metoo zum Thema wurde oder Transgender.
Gut, dass Stenografinnen und Stenografen jede Rede im Bundestag mitschreiben. Diese Dokumente waren die Quelle für das Tool, das dann eigentlich nur noch gefüttert werden musste. Für Nerds: Dazu verwendet wurde die Open-Source-Suchtechnologie Elasticsearch, auf die im Prinzip jeder zugreifen kann.
"Internet" zum ersten Mal 1994 im Bundestag erwähnt
Für die Journalistinnen und Journalisten von Zeit Online war es interessant zu sehen, welche Themen wann Konjunktur hatten, sagt Sascha Venohr, Head of Data Journalism bei Zeit Online.
"Man sieht zum Beispiel, dass der Begriff 'Klimakrise' erst 2009 zum ersten Mal im Parlament richtig in Erscheinung getreten ist."
Das Wort "Internet" tauchte im Bundestag beispielsweise zum ersten Mal in einer Rede von 1994 auf. Damals war es die SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin, die diesen benutzte.
Dokument der Zeitgeschichte
Das Tool der Zeit dokumentiert ein Stück Zeitgeschichte. Damit können wir uns einen Eindruck davon verschaffen, zu welchen Zeiten bestimmte Themen häufig diskutiert wurden. Queer.de hat zum Beispiel damit herausgefunden, dass Homosexualität bis Anfang der 1980er Jahre kaum eine Rolle im Bundestag gespielt hat.
Was sich mithilfe des Programms auch sichtbar machen lässt, ist, welche Begriffe aus den Debatten verschwunden sind oder welche neu hinzugekommen sind. So wurde beispielsweise bis in die 1970er Jahre häufig über "Arbeiter" oder "Arbeiterschaft" gesprochen. In den letzten Jahren tauchen diese Wörter kaum noch auf. Genauso wie "Fernmeldewesen", worüber in den 1960er und 1970er Jahren viel gesprochen wurde.
Was damals hingegen gar nicht auftauchte, heute hingegen häufig Verwendung findet sind die Begriffe "Breitband" oder "5G".
Kritik: Tool liefert nicht den Kontext der Wörter
Die Bedienung des Tools ist denkbar einfach. Wir können Einzelbegriffe eingeben – oder bis zu fünf Wörtern miteinander vergleichen. Das Ergebnis wird dann als Grafik angezeigt und auch, wie oft der Begriff über die Jahrzehnte hinweg vorkommt.
Es macht natürlich auch großen Spaß, nach Schimpfwörtern oder Beleidigungen zu suchen. Auch die sind zum Teil im Bundestag gefallen. Einziges Manko: Wir können über das Tool nicht nachvollziehen, in welchem Kontext die Wörter verwendet worden sind, sondern wirklich nur, wie häufig sie gefallen sind.