Penicillin ist eine Zufallsentdeckung: Dafür bekam der Entdecker einen Nobelpreis. Unser Reporter hat sich auf die Suche nach der Verbindung von Wissenschaft und Glück gemacht. Bei einem Astronomen ist er fündig geworden - und nicht nur dort.

Gerade feiert das Penicillin seinen 90. Geburtstag. Eines der wichtigsten Antibiotika verdanken wir einer zufälligen Entdeckung. Im Sommer 1928 forschte Alexander Fleming an Staphylokokken-Bakterien. Im Labor hatte er Petrischalen aufgestellt, in denen die Krankheitserreger wuchsen.

Der schottische Wissenschaftler beobachtete sie über einen längeren Zeitraum und dokumentierte ihr Wachstum. Für eine Urlaubsreise verließ er das Labor, vergaß aber die Fenster des Labors zu schließen. Mit der Außenluft gelangten Pilzsporen ins Labor und in die Petrischalen und wucherten dort.

Zufall versus Methode

Als Alexander Flemming zurückkam, wuchsen rund um den Schimmelpilz keine Staphylokokken mehr. Die Krankheitserreger waren an diesen Stellen abgetötet worden. Alexander Flemming isolierte den Stoff aus dem Pilz und entdeckte auf diesem Weg zufällig das Penicillin G. 1945 wurde er für seine Entdeckung mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet.

Die Forschungsarbeit in den Naturwissenschaften ist klar strukturiert. Sie folgt in der Regel genauen Plänen, einer strengen Methode. Ihre Ergebnisse müssen reproduzierbar und damit überprüfbar sein. Doch immer wieder kommt der Zufall ins Spiel. Dieser Faktor ist Samantha Copelands Forschungsthema, das sie an der Technischen Universität Delft bearbeitet. Sie sagt, dass Forscher oft gar nicht realisieren, was sie gerade entdeckt haben.

"Ein Aspekt des Zufalls ist, dass er retrospektiv ist. Wir blicken auf ein Ereignis zurück und sagen, das war eine glückliche Fügung. Aber in dem Moment selbst ist es sehr selten, dieses Heureka."
Samantha Copeland, TU Delft, Department of Values, Technology and Innovation

Der Bonner Astronom Michael Geffert kennt Zufallsentdeckungen aus seiner wissenschaftlichen Arbeit. Für die Untersuchung eines Kugelsternhaufens hatte er sich Aufnahmen von einem bestimmten Bereich bei der Europäischen Südsternwarte bestellt.

Als die Lieferung mit den Aufnahmen kam, fielen Michael Geffert darauf sofort Striche auf. Ihm war klar, dass das Asteroiden sein müssen, Objekte, die eine Bahn zwischen Mars und Jupiter ziehen. Bei der weiteren Auswertung haben er und sein Team festgestellt, dass von zehn Asteroiden auf den Fotos immerhin sechs unbekannt waren.

"Ich wollte eigentlich einen Kugelsternhaufen untersuchen, habe aber auf den Aufnahmen sechs neue Asteroiden gefunden. Das war natürlich eine sehr nette Sache."

Seither trägt der Asteroid 12.747 den Namen Michageffert. In der Astronomie sind Zufallsfunde häufiger als in anderen Disziplinen. Diesem Glück ist sich Michael Geffert durchaus bewusst.

"In der beobachtenden Astronomie kommen Zufallsentdeckungen häufig vor. Da die Objekte sich bewegen, kann es sein, dass man plötzlich eines ungeplant aufnimmt."

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Shownotes
Zufall macht erfinderisch
Glücksmomente im Labor
vom 03. September 2018
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Autor: 
Christian Schmitt, Deutschlandfunk Nova