Viele Länder schauen im Umgang mit dem Coronavirus interessiert nach Schweden, denn das Land hat seinen ganz eigenen Weg für die Eindämmung gewählt - fast ohne Verbote und Schließungen, sondern vor allem mit Empfehlungen an die Bevölkerung.

Von Forschenden in Schweden kam bisher nur wenig Widerspruch - bis jetzt. Die frühere Staatsepidemiologin Annika Linde kritisiert die Strategie in einem Interview mit der britischen Zeitung The Observer. Die Behörden hätten früher strengere Beschränkungen erlassen müssen, um das Virus einzudämmen. Ohne sie sei es ein Irrglaube gewesen, dass man Ältere schützen kann. In Schweden sind besonders Alten- und Pflegeheime von dem Virus betroffen.

Linde hatte den schwedischen Sonderweg bisher unterstützt. Sie sagt aber, die hohen Todeszahlen im Vergleich zu den Nachbarländern hätten ihre Meinung geändert. Schweden hat bezogen auf die Einwohnerzahl fast zehnmal so viele Tote durch Covid-19 wie Norwegen. Lindes Nachfolger als Staatsepidemiologe, Anders Tegnell, hat zugegeben, dass Schweden in einer schlimmen Lage sei. Er meint aber, ein Lockdown hätte daran nichts geändert.