Immer mehr Menschen in der EU sind von Armut bedroht, obwohl sie einen Vollzeitjob haben.

Zu diesem Ergebnis kommt der sogenannte EU-Gerechtigkeits-Index der Bertelsmann-Stiftung. Insgesamt geht es der EU wirtschaftlich langsam wieder besser - die Zahl der Arbeitslosen ist leicht gesunken. Trotzdem können nicht alle davon leben: Nach Angaben der Studie waren letztes Jahr 7,8 Prozent der Vollzeitbeschäftigten von Armut bedroht.

Ein großes Problem ist laut der Studie aber auch, dass viele Menschen in Südeuropa - vor allem junge Menschen - gar keinen Job haben. In Italien gehört fast jeder Dritte (31 Prozent) zwischen 20 und 24 zu den sogenannten NEETs. Das steht für "Not in Education, Employment or Training", also für diejenigen, die weder in Ausbildung sind, noch einen Job haben. Die haben im Moment kaum Chancen auf sozialen Aufstieg. In Griechenland ist jeder vierte junge Mensch betroffen (26 Prozent), in Spanien mehr als jeder fünfte (22 Prozent). Europaweit liegt der Schnitt bei 17 Prozent.

Die Kluft zwischen Jung und Alt wächst

Die Bertelsmann-Studie kommt zu dem Ergebnis: EU-weit wächst die Kluft zwischen Jung und Alt. Von Armut und sozialer Ausgrenzung sind demnach im Moment viel mehr Kinder betroffen als Ältere (26,9 Prozent versus 17,4 Prozent). Laut der Studie müssen mehr als neun Prozent der Kinder in der EU etwas Materielles entbehren, bei den über 65-Jährigen sind es gut fünf Prozent. Deren Armut hat sich in den letzten Jahren verringert.

Die Bertelsmann-Stiftung ist besorgt über die Armut und das Armutsrisiko der jungen Menschen in Europa und befürchtet, dass junge Menschen sich dann eher populistischen Bewegungen zuwenden.

"Die wachsende Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen spielt den erstarkenden populistischen Bewegungen in die Hände. Wir dürfen nicht riskieren, dass sich die Jugend enttäuscht und frustriert aus der Gesellschaft zurückzieht."
Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung

Der Gerechtigkeits-Index der Bertelsmann-Stiftung untersucht, wie groß die Teilhabechancen in den 28 EU-Mitgliedsstaaten sind - es geht zum Beispiel um Armut, Bildung, Arbeitsmarkt, aber auch um Gerechtigkeit zwischen verschiedenen Generationen.Deutschland belegt da wie im Vorjahr Platz sieben. Ganz vorne ist Schweden, Griechenland ist auf dem letzten Platz.

Die Bertelsmann-Stiftung ist eng mit dem Medienunternehmen Bertelsmann verknüpft und gilt als neoliberale Denkfabrik, die mit ihren Studien auch Lobbyarbeit machen will. Schwerpunktthemen der Studien sind Bildung, Gesundheitspolitik und Arbeits- und Sozialpolitik.