Antirassistisches Engagement zehn Jahre nach #BLM? Gerade in der Lehrkräfteausbildung ist noch Luft nach oben, findet Maurice Soulié. Er ist Bildungsreferent für Antirassismus und Empowerment.
Mit dem Freispruch des Mannes, der den afro-amerikanischen Teenager Trayvon Martin erschoss, begannen in den USA im Juli 2013 Proteste gegen Rassismus – insbesondere gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt. #BlackLivesMatter geht auf die öffentliche Empörung über dieses Urteil zurück.
Spätestens mit dem Tod des Afro-Amerikaners George Floyd durch einen brutalen Polizeieinsatz im Mai 2020 kam der Protest gegen Rassismus und die Diskussion über Polizeigewalt auch in Deutschland an.
"Auf struktureller und institutioneller Ebene ist doch ein ganz großes Problem, dass Rassismus an sich nicht genug thematisiert wird."
Rassismus werde zwar in der Öffentlichkeit stärker diskutiert, aber gegen diese Diskussion hätte sich auch ein Abwehrverhalten entwickelt, das stärker geworden sei, meint Maurice Soulié, Bildungsreferent für Antirassismus und Empowerment in Köln. Dieses Verhalten zeige sich darin, dass die Rassismusdiskussion als übertrieben dargestellt, Rassismuserfahrungen nicht anerkannt oder das Thema klein geredet werde.
Antirassismus als Haltung
Eine Reihe von Institutionen, Vereinen und Netzwerken beschäftige sich bereist nachhaltig mit Antirassismus, sagt Maurice Soulié. Diese Gruppen betrachteten Antirassismus als Teil ihrer Haltung und verstünden die Arbeit dafür als Prozess, der nicht endet. Auch bei der Polizei gebe es vereinzelt Personen, die sich damit auseinandersetzen wollen, aber gleichzeitig gebe es auch viele innerhalb der Polizei, die das Thema nicht sehen wollen, meint Maurice Soulié.
"Selbst bei der Polizei gibt es das schon vereinzelt, dass sich Personen mit Alltagsrassismus auseinandersetzen wollen - und sogar auch ernsthaft."
Gruppen oder Organisationen, die sich zum Thema auf den Weg gemacht haben, würden bei dem Bildungsreferenten Workshops buchen und so ernsthaft sich damit auseinander setzen und im Thema bleiben. Aber mit zwei, drei Workshops sei es eben nicht getan, betont der Bildungsreferent. Damit ließen sich rassistische Muster, die jemand über das ganze Leben verinnerlicht habe, nicht überschreiben, er werde in alte Muster zurück fallen, sagt Maurice Soulié.
Antirassistische Maßnahmen auf institutioneller und struktureller Ebene
Auf der politischen Ebene fehlten noch Maßnahmen, um beim Thema Antirassismus weiterzukommen. Rassismus werde in der Ausbildung noch zu wenig thematisiert. So sollten sich beispielsweise auch angehende Lehrpersonen und angehende Ärztinnen und Ärzte dem Thema Rassismus im Rahmen der Ausbildung stellen müssen, findet er.
"Du kannst Lehrkraft werden und musst dich nicht ein Mal mit dem Thema Rassismus oder auch anderen Diskriminierungsformen auseinandergesetzt haben."
Eine trendbestimmte kurzzeitige Auseinandersetzung mit Rassismus sei wenig hilfreich dabei, Sprache und Verhalten nachhaltig zu verändern, ist er überzeugt.
Sportler*innen setzen Zeichen
Black Lives Matter hat in vielen gesellschaftlichen Bereichen Unterstützer*innen gefunden. Besonders sichtbar war die Bewegung auf Großveranstaltungen der National Football League. Millionen von Zuschauer*innen haben zugesehen als der ehemalige Quarterback der 99ers Colin Kaepernick 2016 während der Nationalhymne auf die Knie ging und die Faust in den Himmel streckte.
Im Gespräch mit Ilka Knigge erzählt US-Korrespondentin Nina Barth, welche Reaktionen die Geste damals auslöste und was heute noch von ihrer Wirkung übrig geblieben ist.