Das EU-Parlament hat sich für eine Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen. Ab 2021 könnte dann für uns ganzjährig Sommerzeit gelten. Chronobiologe und Schlafforscher Till Roenneberg ist dagegen. Er glaubt: Das entspricht nicht unserer inneren Uhr, deshalb könnten wir dadurch häufiger krank werden.
Pünktlich zur Zeitumstellung leiden viele von uns an Jetlag, wir bekommen nicht genug Schlaf. Wer aber dauerhaft nicht genug schläft, kann dadurch krank werden. Dieses Problem besteht etwa durch Schichtarbeit und elektrisches Licht sowieso schon, und wird durch die Umstellung zwischen Winter- und Sommerzeit noch verstärkt.
"Sozialer Jetlag heißt, meine innere Uhr lebt in einer anderen Zeitzone, als in der Zeitzone, in der ich arbeiten und agieren soll."
Denn schon in der Winterzeit, so der Chronobiologe Till Roenneberg, weicht unser Zeitempfinden vom Sonnenstand ab. Im Sommer werde diese Differenz durch die Zeitumstellung noch größer.
"Sozialer Jetlag" erhöht Krankheitsrisiko
Unsere Uhrzeit in Deutschland entspreche dann beispielsweise der tatsächlichen Zeit, also dem Sonnenstand, in Sankt Petersburg. Wenn unsere Uhrzeit aber von unserer inneren Uhr abweicht, kann das zu "sozialem Jetlag" führen, sagt Till Roenneberg. Wir bekommen dann weniger Schlaf bekommen, und das könne uns auf Dauer krank machen.
"Von der biomedizinischen und vor allem von der chronobiologischen Seite aus ist die Einführung einer ganzjährigen sogenannten Sommerzeit nicht günstig, denn die würde Krankheitsrisiken erhöhen."
Viele von uns wünschen sich, dass es abends lange hell bleibt und wir unseren Feierabend lange genießen können. Chronobiologe Till Roenneberg sagt, dass es aus medizinisch-biologischer aber nicht wirklich relevant ist, was wir uns wünschen. Vielmehr sollte sich unsere soziale Zeiteinteilung danach richten, was unserem Körper gut tut und die Risiken für eine Erkrankung minimiert. Zum Beispiel wisse man nämlich, dass die Stoffwechselkrankheit Diabetes Typ 2 vermehrt bei Menschen mit sozialem Jetlag auftritt.
Dass die Zeitumstellung ab 2021 von der EU-Kommission abgeschafft und die Zeit dauerhaft auf die sogenannte Sommerzeit festgelegt wird, hält der Schlafforscher und Chronobiologe nicht für die richtige Lösung. Er fordert stattdessen, dass wir die Zeitzonen in Europa neu ordnen.
Meine innere Uhr lebt in einer anderen Zeitzone
Denn die Uhrzeit, die im Frühjahr in Frankreich und in Spanien gilt, entspreche eher dem Sonnenstand in Deutschland. Und wenn wir in Deutschland im Frühjahr die Uhren umstellen, definierten wir die Zeit so, als ob wir plötzlich weiter östlich lebten. Unsere innere Uhr richte sich aber weiterhin nach dem Sonnenstand. "Meine innere Uhr lebt dann in einer anderen Zeitzone als ich", erklärt Till Roenneberg. Mit einer Neuordnung der Zeitzonen könnte erreicht werden, dass die soziale Zeit nirgendwo mehr als eine halbe Stunde von der tatsächlichen Zeit, also vom Sonnenstand abweicht. Diese Lösung hält der Schlafforscher aus biologischer Sicht für die bessere Variante.
"Die inneren Uhren hören auf Licht und Dunkel. Und die werden nicht umgestellt, wenn wir die Uhren umstellen, sondern es wird einfach nur definiert, dass wir in einer Zeitzone weiter östlich leben - in Sankt Petersburg - ohne, dass das wir da hinziehen."
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