Weil die Flüchtlingsunterkünfte aktuell vielerorts voll sind, wird über eine Verfahrensbeschleunigung diskutiert: Geflüchtete ohne Bleibeperspektive sollen schneller abgeschoben werden. Doch da hakt es an vielen Stellen.

Aktuell sind viele Flüchtlingsunterkünfte stark frequentiert. Die Kommunen schlagen Alarm. Auch der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Uwe Brandl, unterstützt eine strengere Migrationspolitik. Die Debatte dreht sich um eine Obergrenze für Flüchtlinge und / oder eine schnellere und effektivere Abschiebung derjenigen, die keine Bleibeperspektive haben.

Das Thema wurde auch heftig im Bundestag diskutiert. "Einig war man sich, dass es ein Problem gibt. Man war sich nicht einig über die Lösung und welcher Ton in der Sache angemessen ist", berichtet Gudula Geuther aus dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio. Der Unionsfraktionsvize Alexander Dobrindt attackierte die Regierung scharf. Bundesinnenministerin Nancy Faeser warf der Union Populismus vor.

Das ganze Gespräch mit Gudula Geuther über die Bundestagsdebatte könnt ihr im folgenden Audiozitat nachhören.

Gudula Geuther, Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio
"Einig war man sich, dass es ein Problem gibt. Man war sich nicht einig über die Lösung und welcher Ton in der Sache angemessen ist"

Nur ein Bruchteil der Ausreisepflichtigen wird abgeschoben

Mehr Menschen schneller zurückzuführen als bisher, ist nicht so einfach. Denn eine Rückführung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen machbar. In Zahlen: Menschen, die hier in Deutschland ankommen, aber keinerlei Schutzstatus bekommen, beispielsweise Asyl, werden automatisch ausreisepflichtig. In 2022 waren über 300.000 Menschen ausreisepflichtig, doch nur 13.000 Menschen wurden abgeschoben.

"Wenn es keinen Schutzstatus gibt, dann werden Geflüchtete erst mal ausreisepflichtig, das heißt, sie haben die Chance, innerhalb einer gewissen Frist freiwillig auszureisen."
Katharina Hamberger über die Ausreisepflicht

"Nicht jeder, der ausreisepflichtig ist, wird abgeschoben, weil es da bestimmte Hürden gibt", sagt Deutschlandfunk-Hauptstadtkorrespondentin Katharina Hamberger. Von den 300.000 ausreisepflichtigen Menschen in 2022 waren beispielsweise rund 250.000 in Deutschland geduldet. Gründe für eine solche Duldung können sein, dass ein Mensch krank ist oder staatenlos oder das Heimatland sich weigert, die Person zurückzunehmen.

Hürden bei der Abschiebung

Auch bei den sogenannten Dublin-Fällen kann nicht immer eine Rückführung stattfinden: Obwohl der Asylantrag gemäß dem Dublin-Verfahren in der EU in dem europäischen Land bearbeitet werden muss, in dem ein Flüchtling zuerst angekommen ist, werden Geflüchtete nicht immer zurückgeschickt, so Katharina Hamberger. Nach Griechenland beispielsweise findet keine Rückführung statt, weil den Menschen dort eine unwürdige Behandlung in den Flüchtlingsunterkünften droht.

Gratwanderung mit Despoten

Die Bundesregierung ist daher bemüht, über " Migrationsabkommen" mit den Herkunftsstaaten eine gezieltere Abschiebung zu erreichen. Deutschland ist darüber aktuell im Gespräch mit Tunesien. Doch solche Abkommen sind teils prekär, sagt Katharina Hamberger, denn es gehe in vielen Fällen darum, mit Autokraten oder Despoten in Verhandlung zu treten und ihnen gegenüber auch Zugeständnisse zu machen.

"Da muss man die Abwägung treffen, wie weit geht man in der Zusammenarbeit mit Autokratien, mit Despoten? Was bietet man denen?"
Katharina Hamberger über Migrationsabkommen

Außerdem gibt es für die Politik noch ein weiteres Mittel in der Asylfrage: die Benennung sicherer Herkunftsstaaten. Das sind Staaten, bei denen davon ausgegangen wird, dass dort keine Verfolgung droht. Für Asylbewerber aus diesen Ländern gibt es eine Beweislastumkehr, sagt Katharina Hamberger. Das bedeutet, sie müssen beweisen, dass sie in ihrem Herkunftsland nicht mehr sicher sind. Gelingt das nicht, muss die Ausreise in einer verkürzten Zeitspanne stattfinden.

Zuletzt forderten CDU und FDP, auch die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, was aber die Grünen und große Teile der SPD ablehnen.

Shownotes
Debatte um Migration
Wo es bei der Rückführung von Geflüchteten hakt
vom 21. September 2023
Moderator: 
Christoph Sterz
Gesprächspartnerin: 
Katharina Hamberger, Hauptstadtstudio