Hier einen Glühwein, da noch ein paar Glas Sekt – im Dezember haben sich einige reichlich Alkohol gegönnt. Aber der Entschluss steht: Im Januar ist Abstinenz angesagt – also Dry January. Nur einen Monat ohne Alkohol? Wir wollten wissen, was das bringt.
Der eine sehnt sich nach einem trockenen Chardonnay, eine andere nach einem Dry Martini, denn wer sich dafür entscheidet, im Januar keinen Alkohol zu trinken, kann unter Umständen feststellen, das ein abstinenter Monat sich länger anfühlt als ursprünglich angenommen.
Aber: Was bringt es, wenn wir uns für einen Monat mit dem Alkoholkonsum zurückhalten, um dann im Februar möglicherweise genauso weiterzumachen wie bisher.
Der Notfallmediziner und Drogenexperte Gernot Rücker ist der Meinung, dass es sehr viel bringt, einen Monat lang abstinent zu sein. Allerdings bringt es keinen Alkoholiker von seiner Sucht ab, schränkt er ein.
"Wenn ein Monat abstinent durchgehalten worden ist, auch mit viel Mühen, dann bedeutet es mitnichten, dass man damit clean ist."
Die Zahl der Menschen, die regelmäßig Alkohol zu sich nehmen, ist relativ hoch in Deutschland. Der Notfallmediziner beruft sich auf Schätzungen, die bei 40 bis 45 Millionen Menschen in Deutschland liegen.
"Ich finde es grundsätzlich eine super Idee, denn wir haben sehr viel Alkohol-Konsumierende. Das ist in der Größenordnung von etwa 40 bis 45 Millionen."
Gernot Rücker hält die Abstinenz im Januar auch deswegen für eine gute Idee, weil die positiven Effekte manche möglicherweise davon überzeugen, das eigene Verhalten im Bezug auf Alkohol zu überdenken und dadurch bestenfalls gar nicht erst in eine Abhängigkeit zu geraten.
Als positive Effekte des Alkoholverzichts nennt Gernot Rücker:
- Besserer Schlaf
- Sich gesünder und fitter fühlen
Manche merken so einen großen Unterschied, dass sie von sich aus nach diesem Monat entscheiden, gar keinen Alkohol mehr zu trinken.
Wirtschaftliche Belastung durch Alkoholkrankheit
Wenn durch den Dry January nur ein paar Menschen weniger alkoholkrank werden, dann ist das nicht nur für diese Personen ein Gewinn, sondern für die gesamte Gesellschaft, davon ist der Notfallmediziner überzeugt.
Bei Alkoholismus können der Verlust des Arbeitsplatzes oder des Führerscheins drohnen. Auch den Familienzusammenhalt kann eine Alkoholerkrankung bedrohen. Das kann schlimmstenfalls zu einer Trennung oder Scheidung führen. All das kann viel Geld kosten, egal, ob auf persönlicher Ebene oder auf gesamtwirtschaftlicher. Auch die Behandlungskosten bei einer Alkoholerkrankung seinen hoch, sagt der Mediziner: "Das geht mal schnell die Hunderttausende."
Graskonsum gesamtgesellschaftlich besser als Alkohol
Der Notfallmediziner hält Alkohol für deutlich gefährlicher als Cannabis. Das begründet er damit, dass Alkohol hochgradig giftig ist und das durch ihn sehr viele Todesfälle verursacht werden. Die Medizin wisse inzwischen auch, dass Alkohol viele Krankheiten nach sich ziehe, über 200 seien es, sagt Gernot Rücker.
"Tatsächlich ist Cannabis weniger suchterzeugend und weniger gefährlich als Alkohol. Und damit ist natürlich das Gesamtrisiko für die vielen Millionen Menschen deutlich geringer."
Eine Sucht ist eine Krankheit und kann jeden treffen. Wenn du dich informieren möchtest oder Hilfe suchst – für dich selbst, für Freund*innen oder Familie – dann haben wir hier einige Angebote für dich zusammengestellt. Lass Dir helfen. Bei zahlreichen Stellen ist es sogar möglich, sich anonym beraten zu lassen.