Seit vierzig Jahren herrscht Krieg in Afghanistan. Die Zahlen der Todesopfer steigen und steigen. Die kämpfenden Gruppen befinden sich derzeit in einer Patt-Situation: Die aktuelle Lage scheint aussichtslos und trotzdem kämpfen alle Gruppen weiter.
Mehr als 8000 zivile Opfer: So viele Menschen sind alleine in den letzten neun Monaten in Afghanistan ums Leben gekommen. Verantwortlich für den Tod vieler Opfer sind unter anderem die Taliban und die Terrororganisation Islamischer Staat. Diese werden wiederum von afghanischen Streitkräften bekämpft - unterstützt von der International Security Assistance Force (ISAF). Unter Nato-Führung beteiligen sich die USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich, um nur die Nationen zu nennen, die die größten Truppenstärke stellen.
Für den Tod der Menschen in Afghanistan gibt es zwei Hauptursachen: Sprengsätze, die Selbstmordattentäter nutzen und Luftangriffe. Gerade durch Luftangriffe sterben etliche Zivilisten: 41 Prozent der 8000 Toten sind Kinder und Frauen, erklärt die Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen in Afghanistan, Fiona Frazer.
Luftangriffe gelten als präzises Kampfmittel, erklärt Silke Diettrich, ARD-Korrespondentin für Südasien.
"In Afghanistan herrscht überall Krieg. Seit vier Jahrzehnten gehen überall Sprengsätze in die Luft."
Die zunehmend steigenden Zahlen der Opfer widerspricht der Definition, dass es sich bei Luftangriffen um ein präzises Kampfmittel handelt. Für die Luftangriffen sind zum einen afghanischen Streitkräfte, die oft unter US-Kontrolle agieren, zum anderen ist das US-Militär direkt verantwortlich. Durch Luftangriffe sind mehr Menschen ums Leben gekommen, als durch die Anschläge der Islamisten, sagt Silke Diettrich.
Gewinner gibt es in diesem Krieg nicht
Allen Kriegsbeteiligten ist klar, dass diesen Krieg niemand gewinnen kann. Die Kriegsparteien befinden sich in einer Patt-Situation. Trotzdem kämpfen alle Seiten weiter. Allein zwischen September 2014 und Anfang Januar 2019 sind 45.000 afghanische Soldaten gestorben, sagt der afghanische Präsident Ashraf Ghani.
Seit vier Jahren trainiert die deutsche Bundeswehr afghanische Streitkräfte und bildet sie aus. Laut Aussagen der Bundeswehr machen die afghanischen Truppen Fortschritte. Deswegen kommt es zu der Patt-Situation, sagt ARD-Korrespondentin: Im Land haben mal die Islamisten mehr Macht, mal sind es die afghanischen Streitkräfte.
"Die Zeit der Bundeswehr in Afghanistan ist keine Erfolgsgeschichte."
Als Erfolgsgeschichte würde Silke Diettrich die Zeit der deutschen Bundeswehr nicht bezeichnen, die mittlerweile seit 18 Jahre im Land ist. Denn: Dort, wo die deutschen Soldaten während ihres Einsatzes am meisten aktiv waren, im Norden des Landes, sind die Taliban wieder an der Macht.
Kleine Oasen der Hoffnung
Unter der afghanischen Zivilbevölkerung herrsche daher enormer Frust und eine große Angst vor weiteren Bombenangriffen, berichtet Silke Diettrich. Nach vier Jahrzehnten Krieg sind die Menschen zudem traumatisiert. Es gebe etliche Opfergeschichten – jede Person in Afghanistan hat eine eigene.
Trotzdem stößt die ARD-Korrespondentin immer wieder auf kleine Oasen der Hoffnung: Viele Afghanen, die eine Zeit im Ausland gelebt haben, kehren wieder in ihr Heimatland zurück – sie glauben an ihre noch junge Demokratie.