Seit Mitte Juli ist Alexander Freier auf Tinder. Und das ist deswegen eine Nachricht, weil der 29-Jährige dort nicht privat ist, sondern, um Wahlkampfwerbung zu machen. Freier ist SPD-Kandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus, das am 18.9. gewählt wird.
Auf seinem Tinder-Profil ist ein Foto von Alexander Freier zu sehen, allerdings nicht die Version mit nacktem Oberkörper und Sonnenbrille, sondern ganz ordentlich mit Hemd und Sakko, wie auf ganz gewöhnlichen Wahlkampfplakaten. Und dann steht da auch direkt "Wahlkreiskandidat" und "SPD Berlin" auf seinem Foto. Es ist also sofort klar, dass es sich um ein Politikerprofil handelt.
Alexander Freier sagt, dass er so viele Menschen wie möglich erreichen will. Also hat er in den Suchoptionen der App Frauen und Männer und auch jedes Alter eingestellt. Bei heterosexuellen Männern und bei homosexuellen Frauen taucht er aber natürlich trotzdem nicht auf. Und Alexander wischt alle nach rechts, es sei denn, er sehe direkt, dass sie rechtsextreme Ansichten haben. Die Idee zum Tinder-Wahlkampf hatte er mit ein paar Kumpels. Nach einer Veranstaltung, für die sie Zehntausende Flyer verteilt hatten und dann nur zehn Leute kamen. Also suchte er sein Glück auf Tinder.
"Es ist völlig klar, das ist ein Politikerprofil. Und wenn die Leute keine Lust haben, dann geben sie mir kein Herz."
Tinder-User reagieren nach Alexanders Aussage gut auf seine politischen Anbandlungsversuche. Er hat schon 500 Matches bekommen, und wenn er mit Usern schreibe, sei der Ton immer freundlich. Bei diesen Chats gehe es um alle möglichen Themen - von Kita-Plätzen bis zu Arbeitsplätzen für Jugendliche. Manche wollten auch wissen, warum er bei Tinder ist und angeblich wollten ihm auch schon einige Matches im Wahlkampf helfen. So richtig anzüglich ist noch niemand geworden, sagt Alexander. Die User würden schnell erkennen, dass es bei ihm um ein Wahlkampfprofil gehe.
Die SPD hat kein Problem mit seinem ungewöhnlichen Wahlkampf. Um Erlaubnis hat er aber nicht gefragt. Er sagt, zur Not hätte er das auch so durchgezogen. Der Marketingexperte Felix Beilharz glaubt, dass Alexanders Strategie Erfolg haben könnte, solange sich nicht zu viele Politiker bei Tinder anmelden. Während Alexander in Deutschland der erste Kandidat ist, der sein politisches Glück auf Tinder sucht, wird in anderen Ländern schon fleißig gematched. Der prominenteste Vertreter ist wahrscheinlich Donald Trump. Grundsätzlich rät Felix Beilharz allen Politikern, die Sache auf Tinder etwas lockerer anzugehen als auf dem Marktplatz. Dann gibt es vielleicht auch ein Herz.