• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

"Ich wusste, dass mein Vater alkoholkrank ist. Ich wusste es. Trotzdem kam sein Tod für mich sehr unerwartet. Wie kann sowas passieren?" Dominik Schottner erzählt die Geschichte seines Vaters. Dafür hat er den Deutschen Radiopreis 2016 für die beste Reportage gewonnen.

Externer Inhalt

Hier geht es zu einem externen Inhalt eines Anbieters wie Twitter, Facebook, Instagram o.ä. Wenn Ihr diesen Inhalt ladet, werden personenbezogene Daten an diese Plattform und eventuell weitere Dritte übertragen. Mehr Informationen findet Ihr in unseren  Datenschutzbestimmungen.

In Deutschland sterben rund 200 Menschen pro Tag an den Folgen von Alkohol. 1,7 Millionen Menschen sind alkoholabhängig, sagt die Statistik. Einer von ihnen war Dominiks Vater. Im Dezember 2014 hat er sich tot getrunken. Er war schon immer dem Alkohol zugetan. Schneller als Dominik ahnt, geht es zu Ende.

"Im Totenschein steht als Todesursache 'natürlicher Tod'. Ehrlicher wäre gewesen: 'Herr Schottner hat sich zu Tode gesoffen und keiner hat es gemerkt'".
Dominik Schottner

Heute fragt sich Dominik, wie das passieren konnte: Wie wurde aus einem einst so stolzen Papa ein einsamer, alter Mann, der sich die letzten Tage seines Lebens in seiner Wohnung einschloss, der das Telefon nicht abnahm, die Tür nicht öffnete? Wenn er zurückdenkt an seine Kindheit, sieht er einen anderen Mann.

"Da ist ein wacher Papa mit einer coolen Arbeit, ein Papa, mit dem ich zu den Bayern ins Fußballstadion gehe obwohl er Club-Fan ist, ein Papa, der für mich im Urlaub ein Rennauto aus Sand baut, ein Papa, der meiner Fußballmannschaft einen Satz Trikots organisiert."
Dominik Schottner

Zur damaligen Zeit war das Trinken schon Alltag - irgendwie war der Alkohol immer dabei. Alkoholismus? Entzug? Das war kein Thema. Darüber sprach man nicht. Zu trinken war eben ganz normal.

"Zu trinken war in dem Freundeskreis an der Tagesordnung. Es gab immer einen Anlass zum Feiern, zum Ausgehen, zum Zusammensein. Was ja auch sehr schön war, weil es war sehr gesellig."
Dominiks Mutter

Ohne Frau, ohne Job

Es dauert lange, bis der - aus der Ferne betrachtet - typische Abstieg beginnt: Die Ehe scheitert, Dominiks Vater wird arbeitslos, richtet sich in seiner Isolation ein, beginnt immer mehr zu trinken. 2012 will er dann endlich eine Therapie machen, um zu lernen, wie man kontrolliert trinkt.

"Kontrolliertes Trinken, das klingt ja super. So realistisch, schließlich ist Alkohol ein Schmiermittel unserer Gesellschaft. Wer nichts trinkt, macht sich verdächtig."
Dominik Schottner

Es hat nicht funktioniert. Körperlich baut der Vater immer mehr ab. Dominik bietet Hilfe an - die der Vater aber nicht annimmt. Also insistiert er nicht weiter. Heute fragt er sich: "Was hätte ich machen sollen? Einfach hinfahren? Vielleicht." Eines Dezemberabends, als ein Polizist am Telefon die Todesnachricht überbringt, ist es zu spät.

Mehr dazu:

Die Verleihung des Deutschen Radiopreises 2016 für die "Beste Reportage":

Wir erzählen Eure Geschichten

Habt ihr etwas erlebt, was unbedingt erzählt werden sollte? Dann schreibt uns! Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte sowie ein unvorhergesehenes Ende haben. Im besten Fall lernen wir dadurch etwas über uns und die Welt, in der wir leben.

Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Alkoholsucht
Danke. Ciao!
vom 19. Juni 2015
Moderation: 
Stephan Beuting
Autor: 
Dominik Schottner