In Heidelberg haben Studierende das Problem Wohnungsnot selbst in die Hand genommen und das Collegium Academicum gebaut. Jetzt ist es fertiggestellt und rund 170 Menschen können einziehen. Ihnen geht es aber nicht nur um günstigen Wohnraum.

Zimmer mit Einbauschrank, Bett und Schreibtisch: alles selbst geschreinert vom Wohnheimteam des Collegium Academicum. 46 Wohngemeinschaften (WG) leben in dem Wohnheim zusammen. Dank der modularen Bauweise können die Studierenden innerhalb der WG entscheiden, ob ein einzelnes Zimmer mehr oder weniger Quadratmeter bekommt.

Platz für die Gemeinschaft

Antonia studiert Jura. Angefangen hat sie während der Corona-Zeit. Sie wohnt seit der Eröffnung im Februar 2023 im Collegium Academicum. In ihrer WG haben sich alle für Sieben-Quadratmeter-Zimmer entschieden. "Dementsprechend haben wir einen sehr großen Gemeinschaftsbereich", erklärt sie.

Im Gemeinschaftsraum der WG stehen ein großer Tisch, eine Couch und durch ein Panoramafenster sieht man ins Grüne. Die Warmmiete in dem selbstverwalteten Wohnheim liegt bei monatlich knapp 340 Euro.

"Es war irgendwie sehr einsam. Dann bin ich auf dieses Projekt aufmerksam geworden und das Erste, das mich begeistert hat, war natürlich die Gemeinschaft."
Antonia, Bewohnerin des Collegium Academicum in Heidelberg

Planung, Bau und Verwaltung: Vieles auf dem Gelände einer früheren US-Kaserne ist zusammen- und selbstgemacht. Auch deshalb klappt das mit den niedrigen Mieten. Antonia und Laetitia haben sich schon vor der Eröffnung engagiert, als das Gelände im Heidelberger Süden noch Baustelle war.

Alle haben im Collegium Academicum eine Aufgabe und helfen bei der Verwaltung. Außerdem bestimmen alle in der basisdemokratischen Versammlung der 176 Bewohner*innen mit.

Wohnheim mit Passivhaus-Standard

In dem Wohnheim wurde viel Holz verbaut. Außerdem entspricht es dem Passivhaus-Standard. Auf dem Dach ist die eigene Fotovoltaikanlage montiert. Zum Heizen wird kaum zusätzliche Energie benötigt. Physikstudent Henrik hat bereits 2013, als die Idee zum ersten Mal in seiner WG konkret wurde, mit geplant. Jetzt ist er fast fertig mit seiner Promotion.

Neben dem neuen Wohnheim saniert das Collegium Academicum noch ein altes Verwaltungsgebäude. Ein zweites Wohnheim entsteht für weitere 80 Studierende. Hier sollen später Menschen leben, die sich ein Jahr Zeit zur eigenen Orientierung nehmen.

"Der Anfang war sehr schwierig. Wir hatten eine Phase, in der wir fast eine Million Euro ausgegeben hatten, ohne dass wir einen Bankkredit hatten."
Henrik, Mit-Initiator des Projekts

Elf Leute waren sie am Anfang. Bis heute haben rund 600 Menschen fast viereinhalb Millionen Euro als Direktkredite gegeben. Gewinne dürfen daraus nicht entstehen. Der Kreditbedarf ist noch nicht gedeckt. Denn insgesamt kosten Bau und Sanierung fast 30 Millionen Euro. Der Großteil wurde finanziert über Bankkredite und Fördergeld für energieeffizientes Bauen.

Henrik ist wie die meisten der Ideengeber*innen nicht mehr eingezogen. Die Lebensumstände haben sich geändert. Sie engagieren sich weiter im Collegium – und ihre Idee lebt. Henrik selbst wohnt inzwischen in einem neuen gemeinnützigen Wohnprojekt.

"Ich freue mich wahnsinnig, wenn ich hier bin und sehe, dass so viele junge, engagierte Menschen hier eingezogen sind, die viel selbst gestalten können."
Henrik, Mit-Initiator des Projekts
Shownotes
Anders Wohnen
Studierende bauen ihr Wohnheim selbst
vom 25. April 2023
Moderation: 
Anke van de Weyer
Autorin: 
Katharina Thoms, Dlf-Landeskorrespondentin Baden-Württemberg
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