In ein paar tausend Jahren könnte Berlin nur noch eine zwei Meter dicke Schuttschicht sein. Zahnreste von Waschbären inklusive, vermutet der Paläontologe Reinhold Leinfelder.

Die Überreste einer alten Stadt verraten Archäologen und Ägyptologen einiges über das Leben der Menschen in dieser Zeit. In der Nähe von Luxor ist gerade die Ausgrabung einer rund 3.400 Jahre alten Königsstadt vorgestellt worden – gegraben wird dort seit September 2020.

Stadtreste als Schicht

Wir haben uns gefragt, was in ein paar tausend Jahren wohl noch von unseren Städten übrig bleibt? Von einer verlassenen Stadt aus unserer Gegenwart blieben überwiegend Betonbrocken, Ziegel, Metalle und Plastik, sagt Reinhold Leinfelder. Der Paläontologe nennt das Technofossilien. Er forscht und lehrt an der Freien Universität Berlin.

"Wir haben so viele Städte heute, dass es relativ leicht sein wird, Relikte auch in der Zukunft zu finden."

Heute seien insgesamt von Menschen etwa 30 Billionen Tonnen verschiedenster Materialien verbaut. Allein 40 Prozent dieser sogenannten Technosphäre befinde sich in unseren Städten. Von den allermeisten Städten unserer Gegenwart bliebe je nach Abdichtung eine etwa zwei Meter dicke Schicht.

"Je nach Abdichtung bleiben Beton, Ziegel, Plastik und Glasreste von unseren Scheiben. Das ist alles sehr gut überlieferungsfähig, vor allem wenn weitere Sedimente drüberkommen."

Als Beispiel für solche Überreste nennt der Paläontologe den Teufelsberg in Berlin. Dort sind rund ein Drittel des Häuserschutts von Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg angehäuft worden. Anhand dieser Überreste lässt sich rekonstruieren, wie die Menschen in den Städten gelebt und was sie produziert haben.

Spuren von Bäumen und Tieren

Neben Technofossilien bleiben typischerweise auch Biofossilien, sagt Reinhold Leinfelder. Das sind Spuren von Lebewesen, die wir in die Städte gebracht haben. Für Berlin wären das Überreste von Ginkos und Götterbäumen und vermutlich auch Zahnreste von Waschbären und Geflügelreste. Der Paläontologe weist darauf hin, dass in Berlin rund dreimal so viel Geflügel lebt wie Wildvögel.

Als eine der wenigen in jüngster Zeit verlassenen Städte nennt Reinhold Leinfelder Prypjat im Norden der Ukraine – unser Bild. Der Ort wurde durch die Atomkatastrophe von Tschernobyl unbewohnbar. Solche Geisterstädte seien aber die absolute Ausnahme, erklärt Reinhold Leinfelder, auch weil plötzliche Überflutungskatastrophen nicht mehr in diesem Ausmaß auftreten wie in der Antike. Dazu seien die Flüsse zu stark reguliert. Verlassene Städte wegen des langsam ansteigenden Meeresspiegels seien aber durchaus denkbar.

"Der Normalfall wird sein, dass die Städte einfach weitergebaut werden."

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Shownotes
Archäologie der Zukunft
Was von unseren Städten übrig bleibt
vom 14. April 2021
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Reinhold Leinfelder, Paläontologe, Freie Universität Berlin