Der Weltraum, unendliche Weiten ... Und sie werden immer weiter! Jedenfalls laut kosmologischem Standardmodell, das besagt, dass das Universum sich ausdehnt. Die Frage ist nur: Wie schnell passiert das? Eine neue Messmethode sollte nun Licht in dieses Dunkel bringen. Der Astrophysiker Michael Büker erklärt uns die Studie und deren Ergebnis.

Mit dem Big Bang fing alles an. Vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden mit dem Urknall Materie, Raum und Zeit – so jedenfalls lautet die gängige Hypothese in der Astronomie. Und seither dehnt sich das Weltall aus, auch darüber sind sich Astrophysiker einig. Streit herrscht aber seit Jahrzehnten über die Frage: Wie schnell passiert das?

Wie schnell wächst das Universum?

Untersuchungen haben bisher widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Eine neue Messmethode sollte diesen Streit nun aber schlichten. Mit dem Hubble-Weltraumteleskop hat ein Forscherteam um die kanadische Astronomin Wendy L. Freedman sogenannte Rote Riesen unter die Lupe genommen, erklärt der Astrophysiker Michael Büker, also alternde Sterne, die am Ende ihres Lebens riesig groß werden. So wollten sie den sogenannte Hubble-Parameter bestimmen, also die Expansionsrate des Universums.

Hubble
© dpa
Das Hubble-Weltraumteleskop

Entfernungen im Weltall sind nämlich schwer zu messen. Um das doch zu schaffen, suchen die Wissenschaftler sich Messpunkte in weit entfernten Galaxien. Geeignet dafür sind Sterne, deren Helligkeit wir gut bestimmen können. Daraus wird dann geschlossen, wie weit sie von uns entfernt sind – und wie schnell sich das Universum ausdehnt.

Das Universum geht auf wie ein Hefezopf

Je weiter die Sterne von uns weg sind, desto schneller entfernen sie sich übrigens von uns. Das kann man sich in etwa so vorstellen wie beim Backen: Wenn ein Hefezopf im Ofen aufgeht, dann entfernen sich zwei Rosinen, die nah beieinander liegen, langsamer voneinander als zwei, die von vornherein weiter voneinander entfernt sind – weil eben mehr Teig dazwischen ist, der sich ausdehnen kann.

Die Roten Riesen sind besonders gut geeignet für Entfernungsmessungen, sagt Michael Büker. Sie sind nämlich nicht nur besonders groß und hell, sondern haben auch die praktische Eigenschaft, dass sie kurz vor ihrem Lebensende ihren Zustand wechseln: Wenn der Wasserstoff in ihrem Zentrum aufgebraucht ist, schalten sie auf Helium-Verbrennung um. Und dabei leuchten alle Rote Riesen gleich hell.

Rote Riesen als Messpunkte

In der Astrophysik nennen sich solche Ereignisse, die fast immer die gleiche Helligkeit haben, "Standardkerze". Das ist in etwa so, als würden wir uns nachts in der Ferne an einem Lagerfeuer orientieren. Wenn wir wissen, wie groß es ist, können wir unsere Entfernung dorthin abschätzen.

Leider aber hat auch die neue Studie die Frage, wie schnell das Universum sich ausdehnt, nicht eindeutig lösen können. Denn das Ergebnis lautet: mittelschnell. Es liegt nämlich etwa in der Mitte der bislang jüngsten Messungen, die für den Hubble-Parameter Werte von 68 und 74 ermittelt hatten. Wer sich also mit seiner Meinung durchsetzen kann, bleibt weiter offen und spannend, sagt Michael Büker.

Shownotes
Astronomie
Wie schnell das Weltall wächst, bleibt umstritten
vom 27. Juli 2019
Moderator: 
Ralph Günter
Gesprächspartner: 
Michael Büker, Astrophyiker