Indien bombardiert Ziele in Pakistan als Antwort auf einen Anschlag im Land, bei dem 26 Touristen ermordet wurden. Pakistan spricht von Krieg. Der Konflikt um Kaschmir eskaliert – was passiert als Nächstes?
Der Konflikt um Kaschmir ist kompliziert und ein langjähriger Streit zwischen Indien und Pakistan um die Region im Himalaya, die beide vollständig für sich beanspruchen. Ein kleiner Teil gehört auch zu China. Wegen dieses Konflikts kam es bereits zu mehreren Kriegen. Aktuell nehmen die Spannungen wieder zu.
Peter Hornung, ARD-Korrespondent für Südasien, ahnte, dass etwas bevorsteht. Beim Beobachten von Flugverkehr über eine App sah er, wie mehrere Flugzeuge über Pakistan plötzlich umdrehten. Kurz darauf war der Luftraum leer. "Da dachte ich: Jetzt passiert was", sagt er. Circa 20 bis 30 Minuten später begannen die ersten Einschläge in Pakistan.
Nach Luftschlägen – Erste Eskalationsstufe erreicht
Indien hat neun Ziele in Pakistan angegriffen und spricht von Anti-Terror-Maßnahmen. Pakistan wirft Indien jedoch vor, Zivilisten getroffen zu haben. Die indische Regierung hatte Angriffe angedeutet – dass sie kommen würden, war klar. Mit dem indischen Militärschlag ist erste Eskalationsstufe erreicht. Nun wird eine mögliche Reaktion Pakistans erwartet – wann genau, ist unklar.
"Die erste militärische Eskalationsstufe ist durch den indischen Angriff erreicht."
Zur Gefahr eines Krieges sagt Peter Hornung: Niemand kann ausschließen, dass die Lage nicht weiter eskaliert – auch nicht bis zu einem Atomkonflikt, obwohl das keiner in der Region wollen kann. Doch Pakistan hat klargemacht: Bei existenzieller Bedrohung würde das Land Atomwaffen einsetzen.
Jetzt heißt es: Abwarten, wie weit die Eskalation geht – auch eine zunächst begrenzte Konfrontation kann in einer Eskalationsspirale enden.
Indien hat angeblich Beweise
Der Kaschmir-Konflikt zwischen den beiden Erzfeinden Indien und Pakistan ist sowohl territorial als auch religiös geprägt. Am 22. April 2025 kam es zu einem besonders brutalen Anschlag auf Touristen. Davor hatten sich die Angriffe auf indische Sicherheitskräfte beschränkt. Jetzt wurden Opfer nach ihrer Religion ausgesucht: Hindus erschossen, Muslime verschont. Ziel war es, maximalen Terror zu verbreiten und Spannungen zwischen Hindus und Muslimen weiter anzuheizen.
Indien wirft Pakistan vor, hinter dem Anschlag auf Touristen zu stecken, und nennt Beweise wie Bilder von Terrorcamps, Telefon- und Internetdaten. Pakistan bestreitet die Vorwürfe und spricht von internem Terror in Indien. Indien macht die Terrorgruppe "Resistance Front" verantwortlich, die laut ihnen mit Lashkar-e-Taiba verbunden ist – jener islamistischen Gruppe, die 2008 die Anschläge in Mumbai verübte. Diese gilt als von Pakistan unterstützt, was Indiens Wut erklärt.
Kaschmir könnte ein Paradies sein
Kaschmir ist viel mehr als ein Krisengebiet – die Region ist etwa dreimal so groß wie Bayern und landschaftlich beeindruckend, mit hohen Bergen wie in der Schweiz. Trotz der Schönheit ist sie für ausländische Journalisten meist gesperrt, es gelten strenge Zugangsbeschränkungen.
Im indischen Teil von Kaschmir lebt die 32-jährige Journalistin Safina. In der Region herrscht große Angst, sagt sie. Viele hätten mit einer Eskalation gerechnet, und in den Grenzregionen sind die Spannungen deutlich spürbar. Es gebe unbestätigte Berichte über Tote und Verletzte, aber noch keine offiziellen Zahlen. Noch habe sie die Hoffnung, dass kein richtiger Krieg ausbricht.
"Für die Menschen hier in Kaschmir ist der Konflikt die Realität seit Jahrzehnten und in gewisser Weise normal."
Für die Menschen in Kaschmir sei die Unsicherheit seit Jahrzehnten Alltag – in gewisser Weise sogar normal. Die Vorstellung von Normalität dort, so Safina, unterscheidet sich stark von beispielsweise Deutschen. Wenn es eskaliert, wissen die Menschen hier, wie sie reagieren müssen: Vorräte, Medikamente, Bargeld – alles wird vorbereitet, um überleben zu können.
Die Angriffe waren etwa 90 Kilometer entfernt, aber in einer bergigen Region wie Kaschmir fühle sich alles näher an. Die Explosionen habe sie deutlich gehört. "Es sind auch Jets über uns hinweggeflogen. Es war fast so, als wäre es direkt bei uns", sagt Safina.
"Wenn ich zaubern könnte, würde ich den gesamten Konflikt aus Kaschmir verschwinden lassen. Dann könnte dieser Ort endlich das Paradies sein."
Seit Safina mit zehn Jahren verstanden habe, was hier passiert, habe sie nur einen Wunsch: "Wenn ich zaubern könnte, würde ich den gesamten Konflikt aus Kaschmir verschwinden lassen. Dann könnte dieser Ort endlich das Paradies sein, das er eigentlich ist."
Doch der Kaschmir-Konflikt eskaliert immer wieder, weil die Region seit der Teilung Britisch-Indiens vor fast 80 Jahren umstritten ist. Kaschmir trat damals Indien bei, woraufhin Pakistan einmarschierte – der erste Krieg folgte. Bis heute geht es um Territorium, Ressourcen, kulturelle Bedeutung und nationale Identität. Dieser Konflikt besteht weiter, sagt Peter Hornung.
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