2022 geht das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz. Dann muss der hochradioaktive Abfall irgendwo endgelagert werden, nur: Wo soll das sein? Und kann es bei der Suche eine gerechte Lösung geben?
Im Moment gibt es 18 Zwischenlager. Das bekannteste ist Gorleben. In dieser Woche hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung ihren ersten Zwischenbericht vorgestellt und der sagt zum einen: Gorleben ist als Endlager raus, aber es gibt 90 weitere Regionen, in denen potenzielle Lagerstätten entstehen könnten. Kann es bei dieser Entscheidung eine gerechte Lösung geben?
Die Philosophin Rita Molzberger erklärt, dass es in der Philosophie ganz viele unterschiedliche Definitionen und Vorstellungen von Gerechtigkeit gibt. "Bei allen geht es um das gültige Maß, richtigen Verhaltens", sagt sie, "und alle versuchen, universale Kriterien zu finden, an denen man das bemessen kann." Es gibt zum Beispiel die Gerechtigkeit, wo etwas mengenmäßig gerecht verteilt wird. Dann gibt es Modelle, wo Gerechtigkeit proportional – also verhältnismäßig – gesehen wird. Als drittes Modell nennt Rita Molzberger noch die "universale" Gerechtigkeit. Bei diesem Modell orientiert sich gerechtes Handeln oder Verhalten an einem höheren Maßstab, der die Gerechtigkeit vorgibt – Gott wäre so ein Beispiel.
"Kann es hier eine gerechte Entscheidung geben? Eher nicht. Wenn ja, dann nur in einem ganz bestimmten Sinne."
Der Atommüll ist aber nun da, trotzdem wird niemand begeistert sein, wenn er oder sie hört, dass ein Endlager in der Nähe seines Wohnortes entsteht. Ein Dilemma, das sich kaum lösen lässt, so Rita Molzberger. Vor allem übersteige dieses Dilemma unsere menschliche Vorstellungskraft – sowohl in seiner Komplexität, als auch in seiner Dauer.
"Das haben Dilemmata an sich, dass sie ganz schlecht auflösbar sind"
Die Philosophin findet auch, dass wir bei der Diskussion falsche Begriffe verwenden: "Endlager ist absurd, weil es geht nicht um ein Ende, sondern es geht um längerfristige Zwischenantworten. Das ist nicht für immer zu regeln."
Auf der Suche nach einer akzeptablen Lösung
Rita Molzberger schlägt vor, das Problem in Sentenzen zu unterteilen, in kleine Zwischenentscheidungen, die immer wieder erneuert werden müssten, weil wir eben nicht absehen könnten, wie sich dieses Problem beispielsweise in kommenden Generationen entwickle. "Die Reichweite unserer Handlungen ist immer nur sehr bedingt absehbar", sagt sie. Eine quantitative Lösung des Problems sei jedenfalls nicht möglich, schließlich könne nicht jede und jeder von uns so viel Atommüll bei sich zuhause lagern, wie er oder sie verbraucht habe. Oder auch die Verteilung des Mülls auf alle 90 potenziellen Endlager diene nicht einer gesamtgesellschaftlich zufriedenstellenden Lösung.
"Wir haben da ein Problem in die Welt gebracht, das wir nicht abschließend regeln können."