Wo besonders viele Menschen in Armut leben, ist der Stimmenanteil rechtsextremer Parteien höher, so das Ergebnis einer Studie des ifo-Instituts. Besonders deutlich wird das in wirtschaftlich abgehängten Regionen. Was die Forschenden der Politik empfehlen.

Nicht erst seit diesem Superwahljahr fragen sich weltweit Forschende, Politiker*innen oder Demokratie-Aktivist*innen, warum Menschen rechtspopulistisch oder rechtsextrem wählen. Auch bei dieser Frage ist die Antwort alles andere als einfach, denn meist kommen verschiedene Faktoren zusammen, die die Wählerstimmung beeinflussen. So kommt eine Studie an der Uni Stuttgart zu dem Ergebnis, dass dort, wo es in Baden-Württemberg keinen funktionierenden Lokaljournalismus mehr gibt, Menschen eher rechtsextreme Meinungen teilen und ihre Stimme der AfD geben.

Zusammenhang zwischen Armut und rechtsextremen Tendenzen

Das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hat bei seiner Untersuchung den Fokus auf regionale Armutsgefährdung gerichtet, um das Erstarken rechtsextremer Tendenzen zu erklären. Denn nicht nur rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft haben zugenommen, sondern auch der Anteil der Menschen, die nahe oder unterhalb der Armutsgrenze leben. Armutsgefährdung erklären die Forscher als den "Umstand, dass eine Person oder ein Haushalt relativ zur Mitte der Gesellschaft wirtschaftlich zurückfällt, beziehungsweise abgehängt ist".

Die Forscher sind den Fragen nachgegangen: Wie hängen diese beiden Entwicklungen zusammen? Welche Bedeutung hat eine regionale Konzentration von Armutsgefährdung für das Erstarken rechtsextremer Bewegungen? Denn die Wahlerfolge der AfD sind regional sehr unterschiedlich.

Für ihre Studie haben sie Datensätze mit den Stimmenanteilen rechtsextremer und nationalistischer Parteien bei Bundestagswahlen von 1998 bis 2017 und Umfragedaten zur Popularität nationalistischer Parteien vereint. Die Daten für die Ermittlung der Armutsgefährdung haben die Forscher aus den Angaben zum Einkommen aus dem Mikrozensus entnommen.

Leichtes Spiel für Rechtsextreme in benachteiligten Regionen

Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass die Armutsgefährdung die Wahlergebnisse rechtsextremer Parteien positiv beeinflusst. Aber nicht nur Menschen, die von Armut betroffen sind, sondern auch Personen, die ein hohes Einkommen haben, aber in einer benachteiligten Region leben, wählen rechtsextreme Parteien, sagt Florian Neumeier, Leiter der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik am ifo Institut.

Benachteiligte Regionen, wo die wirtschaftliche Lage schlecht ist, sind beispielsweise ländliche Regionen, einzelne Kreise oder kreisfreie Städte – im Westen wie im Osten.

"Gerade in abgehängten ländlichen Regionen ist das Stimmenpotenzial für die AfD und andere rechtsextremen Parteien besonders groß."
Florian Neumeier, Leiter der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik am ifo Institut

Wie kann die Politik darauf reagieren? Nicht allein mit Sozialpolitik, die die Situation nur für die einzelnen Betroffenen verbessert, meint Florian Neumeier. Sondern tatsächlich mit regionaler Strukturpolitik, die die Lage in den benachteiligten Regionen verändert.

Mehr Investitions- und Strukturförderung für regionale Wirtschaft und Infrastruktur

Das ist aber vor allem Aufgabe der Bundesländer. Diese fördern regional die Wirtschaft wie beispielsweise in Magdeburg die Ansiedlung einer Chipfabrik. Laut Florian Neumeier kann es aber durchaus sinnvoll sein, wenn auch der Bund bei bestimmten Regionen mitfördert. Eine solche Förderung kann sich positiv auf die Rahmenbedingungen in der Region und somit auf Jobangebote, Mobilität, Ausbildungssituation und Bildungsangebote auswirken.

Vertrauen der Menschen zurückgewinnen

Diese Investitionen zur Förderung der regionalen Wirtschaft und damit zur Verbesserung der Lage in der benachteiligten Region könne das Vertrauen der betroffenen Menschen in die Demokratie wieder zurückgewinnen, schreiben die Forscher.

Shownotes
Benachteiligte Regionen
Von Armut betroffene Menschen wählen eher rechtsextrem
vom 15. März 2024
Moderatorin: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Florian Neumeier, Leiter der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik am ifo Institut