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Komplimente, Gastgeschenke, kein Eklat – der Antrittsbesuch von Bundeskanzler Friedrich Merz bei US-Präsident Trump hätte wohl nicht besser laufen können. Bromance statt Kritik. War das die richtige Strategie? Unser Korrespondent war dabei.

Es war ein gut durchdachter und genauestens geplanter Besuch, der eine Verbindung schaffen sollte zwischen US-Präsident Donald Trump und dem noch neuen Bundeskanzler Friedrich Merz. Angefangen bei den Geschenken.

Zum Antrittsbesuch in Washington brachte Merz dem Golf-Fan Trump einen Golfschläger mit. Außerdem schenkte er ihm eine in Gold gerahmte, handgeschriebene Geburtsurkunde von Trumps Großvater, der in Deutschland geboren worden war. Und noch viel wichtiger: Merz brachte eine Zusage mit. Deutschland erklärte sich endlich bereit, wie von Trump ausdrücklich gewünscht, mehr Geld für Verteidigung auszugeben.

Merz kombiniert Sachlichkeit mit Brohaftigkeit

Damit war eine Basis geschaffen, sagt Stephan Detjen. Er ist Parlamentskorrespondent des Deutschlandfunks und war beim Antrittsbesuch von Kanzler Merz in den USA dabei. Detjen sagt, dass er oftmals kritisch über Merz berichtet, diesen Auftritt jedoch wertet der Politikjournalist definitiv als Erfolg. Besser hätte es im Prinzip nicht laufen können, so Detjen. Das habe zwei Gründe.

Trump braucht die Europäer trotz allem

Der erste sei die Interessensebene. "Auch Trump weiß, dass er die Europäer braucht. Und nun greift Deutschland auch noch tief in die Tasche, um Rüstungsausgaben zu finanzieren", analysiert Detjen. Außerdem habe Trump verstanden, dass er den Krieg in der Ukraine eben nicht innerhalb von "ein paar Tagen" beenden kann, erklärt Dietjen. "Das heißt auch hier wieder: Trump weiß, er sitzt mit den Europäern faktisch in einem Boot."

"Ein Besuch im Weißen Haus ohne großes Kontra, ohne Eklat, das wird von vielen schon als großer Erfolg gewertet."
Rahel Klein, Host von Unboxing News

Neben dem sachlichen Konsens war es aber die zwischenmenschliche Ebene, auf der Merz punkten konnte. "Das muss man sich mal vorstellen: Merz hält es aus, 45 Minuten im Oval Office zu sitzen und sich Trumps Ego-Show anzuhören", sagt der Journalist und führt aus: "Und Merz sitzt lächelnd daneben und zeigt nicht das Bedürfnis, irgendwie reinzugrätschen."

Genau das sehen andere Beobachter*innen kritisch. Sie sagen, Merz hätte Trump mehr Kontra geben sollen und nicht nur 90 Prozent der Zeit entspannt mit leichtem Lächeln oder neutralem Gesichtsausdruck danebensitzen sollen. Detjen hält dagegen: Zwei Mal habe Merz die Gelegenheit bekommen, etwas zu sagen. "Und dann sagte er genau das Richtige."

Merz' souveränster Moment bei Trump

Detjen gibt ein Beispiel: Angesprochen auf das Thema Ukraine erinnert Merz zunächst an den sich am folgenden Tag jährenden D-Day, also den Tag, an dem die Invasion der Alliierten begann. Das, so Merz zu Trump, war der Tag gewesen, an dem die Amerikaner Deutschland vom Nationalsozialismus befreit haben. Und nun, so Merz weiter, habe Amerika wieder die Chance, in einem historischen Moment für Frieden in Europa zu sorgen.

"Trump hat Merz mit der These, Russland ist der Aggressor, auf den man Druck ausüben müsse, in keiner Weise widersprochen."
Stephan Detjen, Parlamentskorrespondent des Deutschlandfunks

Darüber hinaus hebt der Politikbeobachter eine Eigenschaft von Friedrich Merz hervor, von der er überzeugt ist, dass sie ihm beim Treffen mit Trump zugutekam. Das sei diese gewisse "Bodylanguage unter Männern". Beispiel: Merz lässt sich von Trump aufs Knie hauen, beide lachen. "Das kann Merz wirklich gut", fasst Detjen zusammen.

"Merz beherrscht das ganze Spektrum von absolut höflich, konziliant, interessiert bis zur Brohaftigkeit. Das beobachte ich an ihm schon lange."
Stephan Detjen, Parlamentskorrespondent des Deutschlandfunks

Doch Merz wird auf Dauer nicht nur auf Brohaftigkeit setzen können. Wie die enden kann, sieht man zurzeit an dem Streit zwischen Donald Trump und Elon Musk. Und Detjen fügt hinzu: "Man weiß bei Trump nie, was morgen ist."

Seit Trump sei die weltpolitische Lage sehr heikel. Trump, so Detjen wörtlich, spielt sich "als Gott im Oval Office" auf. "Er und sein Team sind dabei, die amerikanische Demokratie schwer zu beschädigen. Wir wissen nicht, wozu ihn sein Größenwahn verleitet."

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Besuch bei Trump
Merz kann Bromance
vom 06. Juni 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Stephan Detjen, Korrespondent im Hauptstadtstudio