Viele Schwarze finden es nicht lustig, wenn sich Weiße "zum Spaß" schwarz anmalen. Warum wir beim Thema "Blackfacing" noch Nachholbedarf haben. Und was das mit unserer Kolonialgeschichte zu tun hat.
Der "Zwarte Piet" ("Schwarze Piet") sorgt in den Niederlanden für Diskussionen: Er ist der Helfer des Sinterklaas, also des Nikolaus, und tritt traditionell mit pechschwarz geschminktem Gesicht und Afro-Perücke auf. Für viele ist das rassistisches Blackfacing und daher unangebracht. Im niederländischen Apeldoorn sollen nun erstmals keine schwarzgeschminkten Gesichter den Nikolaus begleiten - der "Schwarze Piet" wird nur verrußt aussehen.
"Als Kind habe ich ziemlich genau begriffen, dass diese schwarzen Menschen, zum Teil mit schwarz angemalten Gesichtern, aber auch mit Fellkostüm und Keulen in der Hand und Knochen im Haar, sich auf Menschen wie mich beziehen."
Auch bei uns in Deutschland gibt es zu Karneval Verkleidungen, die rassistische Sterotype bedienen. Die Journalistin Alice Hasters hat schon als Kind Bekanntschaft mit ihnen gemacht: Mit Kostümen, die Schwarze als Wilde oder Kannibalen zeigen. Das habe ihr Selbstbild geprägt, sagt sie.
Alice Hasters hat ein Buch geschrieben. Es heißt: "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen: aber wissen sollten". Es ist eine Art Ratgeber für Leute, die leicht übersehen, wo überall Rassismus drin steckt. In Karnevalskostümen beispielsweise. Alice Hasters berichtet von Alltagsrassismus und davon, dass ihre Perspektive als Schwarze oft nicht ernst genommen wird.
Mit den Augen der Betroffenen sehen
Auch beim Blackfacing wollen viele, so scheint es, nicht verstehen, wie verletzend dieser "Spaß" doch ist. Das meint auch Jürgen Zimmerer, der an der Universität Hamburg Globalgeschichte mit Schwerpunkt Afrika lehrt. Bei Verkleidungen wie diesen gehe es schließlich nicht darum, wie es gemeint sei, sondern darum, wie es verstanden wird. Das müsse man den Leuten oft erst klar machen.
"In Deutschland wird in der Debatte immer drauf gepocht: Wenn etwas nicht rassistisch gemeint sei vom weißen Sprecher, dann sei es nicht rassistisch. Und es ist sehr schwer den Leuten klarzumachen, dass es eigentlich auf den, der sich rassistisch beleidigt fühlt, ankommt, ob etwas rassistisch wirkt."
In den USA ist man sensibilisierter, was das Blackfacing betrifft, sagt Jürgen Zimmerer. Dort sei diese Praxis eng verbunden mit der Versklavungsgeschichte. Beispielsweise wurde das Blackfacing in den Minstrel-Shows von Weißen benutzt, um sich über schwarze Amerikaner lustig zu machen.
Wenig Sensibilität in Deutschland
Hier in Deutschland fehle diese Sensibilität oft noch. Viele Jahre hätten wir rassistische Elemente in unserer Gesellschaft nicht ernst genug genommen, sagt der Historiker. Ganz unsäglich findet er es, wenn in Debatten, in denen es um Rassismus geht, mit der angeblich "bedrohten Meinungsfreiheit" argumentiert werde. Denn darum gehe es schließlich nicht.
"Wenn wir den kolonialen Rassismus als Grundlage anerkennen würden, dann müssten wir unser eigenes Selbstbild mit in Frage stellen und uns grundlegend dekolonialisieren. Und davor haben die Menschen Angst, weil das auch bedeutet, dass man liebgewordene Privilegien aufgibt."
Auch wir in Europa sollten uns ernsthaft mit Rassismus und unserer kolonialien Vergangenheit auseinandersetzen, meint Jürgen Zimmerer. In diesem Punkt hätten wir noch Nachholbedarf. "Wir sehen Europa als Hort der Menschenrechte und der Aufklärung und blenden völlig aus, dass dies auf dem Rücken der versklavten und ausgebeuteten Menschen geschaffen wurde."
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