Tausende Mexikaner reisen regelmäßig in die USA, um dort Blutplasma zu spenden, dass auch nach Europa exportiert wird. Für sie und die beteiligten Unternehmen ist das alles zum Geschäft geworden. Und das macht es so gefährlich.

Wenn die Armut zu groß ist, sind manche Menschen gezwungen, Dinge zu tun, die ihrer eigenen Gesundheit schaden. Manche arbeiten bis zur völligen Erschöpfung, manche prostituieren sich, manche verkaufen ebenfalls ihren Körper, aber auf andere Weise - so wie in der Grenzregion Mexiko-USA.

Dort hat sich das Geschäftsmodell Blutplasma gegen Geld etabliert. Das heißt: Mexikaner kommen mit einem Besuchervisum über die Grenze in die USA, spenden dort Blutplasma und fahren zurück nach Mexiko. Mindestens 10.000 pro Woche machen das so, sagt Stefanie Dodt vom Norddeutschen Rundfunk, die zusammen mit dem SWR und der Süddeutschen Zeitung das Thema recherchiert hat.

In den USA darf deutlich häufiger Blutplasma gespendet werden als in Deutschland

Das an sich wäre noch kein Problem, eine solche Art der Blutspende gibt es in Deutschland auch. Es gibt aber einen Unterschied: In Deutschland sind maximal 60 Spenden pro Jahr erlaubt, und vor jeder Spende muss ein Arzt den Gesundheitszustand der Spenderin und des Spenders kontrollieren.

In den USA liegt die Anzahl der maximal erlaubten Spendervorgänge bei 104, also fast dem Doppelten. Bei der Spende ist kein Arzt anwesend. Und: Hier dürfen Spender für die Spende bezahlt werden.

"Bis zu 400 Euro pro Monat verdienen die regelmäßigen Blutspender. Das entspricht einem sehr guten Monatsgehalt."
Stefanie Dodt, NDR

In Deutschland gibt es eine Aufwandsentschädigung, in anderen Ländern sind jegliche Zahlungen untersagt. Die Befürchtung: Die Blutspende könnte zum Geschäft werden. So wie in den USA. Hier wird nicht nur jede Spende bezahlt - es wird mit auch Bonuszahlungen geworben. Wer zweimal pro Woche kommt und die maximal erlaubten 104 Spenden abliefert, bekommt noch mal extra Geld.

Bis zu 400 Euro pro Monat verdienen die regelmäßigen Blutspender so - "das entspricht einem sehr guten Monatsgehalt", sagt Stefanie Dodt. Die acht Spenden pro Monat sind also gut bezahlt.

Gefahr, krank zu werden

Allerdings gehen die Mexikaner damit ein hohes Gesundheitsrisiko ein. Bei der Blutplasma-Spende werden die roten Blutkörper vom Rest des Blutes getrennt, diese gehen zurück in den Körper. Übrig bleibt Blutplasma, das Eiweiße des Blutes enthält, aus denen Medizinunternehmen Medikamente herstellen können.

Wem regelmäßig dieses Plasma entnommen wird, kann dadurch selbst (chronisch) krank werden. Ernste Konsequenzen sind zum Beispiel Harnwegsinfektionen, Lungen- und Hirnhautentzündungen. Deshalb gibt es in Deutschland ärztliche Kontrollen vor jeder Plasmaspende: Wer nicht gesund ist oder Anzeichen für Symptome, verursacht durch die Plasmaspende, aufweist, darf nicht spenden.

"Jeder von uns kann einmal im Leben ganz dringend auf ein Produkt aus Blutplasma angewiesen sein."
Stefanie Dodt, NDR

Das in den USA gewonnene Blutplasma wird auch nach Europa exportiert. Ein Drittel landet in Deutschland, wo Unternehmen das Plasma zu Medikamenten weiterverarbeiten. Hier wird also in großem Umfang auch Plasma verarbeitet, das unter deutlich weniger strengen Auflagen gespendet wurde als sie in Deutschland gelten.

Die klassische Blutspende ist recht bekannt in Deutschland, die Blutplasma-Spende dagegen weniger. Dabei ist sie sehr wichtig: So gut wie jeder ist einmal oder mehrfach im Leben auf lebenswichtige Medikamente angewiesen, die auf Blutplasma basieren, etwa bei einer Operation.

Shownotes
Blutplasma
Blutige Geschäfte an der mexikanischen Grenze
vom 07. Oktober 2019
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Stefanie Dodt, Norddeutscher Rundfunk