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Yvis Horrorvorstellung: Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Konfrontationstraining kann uns helfen, die Angst zu überwinden, sagt eine Psychologin. Ein Zahnarzt erzählt, welche Hilfestellungen es gibt und welche Wünsche er seinen Angstpatienten erfüllt.

Ein hohes Surren schrillt durch die Zahnarztpraxis. Wenn Yvi das im Wartezimmer vernimmt, bekommt sie weiche Knie, ein leichtes Schwindelgefühl.

"Am Tag vor der Zahnbehandlung bin ich schon unruhig oder schlecht gelaunt. Ich male mir die schlimmsten Szenarien aus."
Yvi, hat Angst vor Zahnarztterminen

Schon den Zahnarzttermin zu vereinbaren fällt ihr schwer: Sie schämt sich fast, am Telefon auf ihre Angst vor der Behandlung hinzuweisen. Am liebsten würde sie zur Terminvereinbarung ein Online-Formular ausfüllen. Das würde ihr zumindest helfen, diese Hürde zu überwinden. Denn das Telefonat kostet sie Überwindung.

Wie die Angst vorm Zahnarzt entstand

Und all das, obwohl Yvi bisher eigentlich keine schlechten Erfahrungen beim Zahnmediziner gemacht hat. Sie neigt zwar zu Karies, aber ihre Angst ist hauptsächlich entstanden, weil eine Arbeitskollegin Yvi detailreich von ihrer schlimmen Wurzelbehandlung erzählt hatte.

Dass es die schlimmsten Schmerzen ihres Lebens waren, und dass sie vor Schmerz herumgeschrien hat. Yvi hatte dann auch noch alles, was zu Wurzelbehandlungen im Netz finden konnte, gelesen. Und danach war die Angst einfach da.

"Ich habe weiche Knie und bin ein bisschen hibbelig, irgendwie. Wenn ich da bin und den Bohrer höre, da wird es schon ganz schlimm innerlich."
Yvi, ihr schlimmster Albtraum wäre eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt

Um sich vor und während der Behandlungen zu beruhigen, hat Ivy ein paar Strategien entwickelt. Sie dreht, um sich abzulenken am Rad ihrer Smartwatch herum, sie hört bei der Behandlung gerne Podcasts und im Wartezimmer scrollt sie sich durch Social Media Feeds, um ihren Kopf freizubekommen.

Yvi geht sehr häufig zum Zahnarzt, damit es nicht zum schlimmsten kommt. Sie tut alles, um den Angstgegner "Wurzelbehandlung" zu vermeiden.

"Ich glaube, ich bin da auch ein bisschen zu stolz, manchmal, um zuzugeben, dass sich echt Schiss habe."
Yvi, ist ihre Angst vor dem Zahnarzt auch etwas unangenehm

Yvi hatte auch schon den Impuls, ein Stofftier mit in die Praxis zu nehmen, aber hat es sich verkniffen, weil sie das mit fast 30 Jahren zu peinlich findet. Das Angebot ihrer Mutter, mitzukommen und Händchen zu halten, hat sie auch ausgeschlagen. Yvi wollte es alleine schaffen.

Von ihrer Zahnarztpraxis wünscht sie sich, aktiver zu kommunizieren, dass es kein Problem ist, wenn man Angst hat und dass man zum Beispiel ein Stofftier mitbringen darf, egal wie alt man ist. Das würde Yvi die Scham möglicherweise nehmen, das dann zu tun. Sie fänd es auch gut, wenn die Zahnarztpraxis, Fidget Spinner, Stressbälle oder ähnliches bereitstellen würde, sagt sie.

Zahnarztphobie: Sich kontrolliert mit dem Ängsten konfrontieren

60 bis 80 Prozent der Menschen haben Angst, wenn sie zum Zahnarzt gehen, haben Erhebungen der Krankenkassen gezeigt. Bei rund zehn Prozent der Patienten ist es besonders schlimm: Sie leiden unter krankhaften Angstzuständen und vermeiden es komplett, Zahnärzte aufzusuchen. Wenn die Angst so schlimm ist, dass sie uns einschränkt, dann geht das schon Richtung Dentalphobie, sagt Psychotherapeutin Ulrike Scheuermann.

In der Verhaltenstherapie gibt den Ansatz des Konfrontationstrainings, sagt die Psychologin. Indem wir uns kontrolliert und gezielt mit den Dingen konfrontieren, die uns Angst machen, kann es gelingen, dass die bedrohliche Wirkung nach und nach abnimmt.

Beispielsweise können wir uns den Sound eines Bohrers auch zu Hause immer wieder anhören. Dadurch können wir die Erfahrung machen, dass selbst wenn dieses Geräusch ertönt, der Schmerz oder die schlimme Situation, die wir erwarten, ausbleibt, sagt Ulrike Scheuermann.

"Grundsätzlich kann man sagen, Angst, wenn sie nicht zu schlimm wird, ist eine normale schützende Reaktion auf etwas, was gefährlich, unangenehm oder tendenziell zumindest gefährlich ist."
Ulrike Scheuermann, Psychologin und Psychotherapeutin

Maximilian Fuhrmann ist Zahnarzt. Für ihn ist es wichtig, dass Patienten ihm anvertrauen, wenn sie an Ängsten bei der Behandlung leiden. Und er möchte, dass seine Patienten ihre Wünsche äußern, denn auf viele kann er leicht eingehen und tut das auch gerne. Wenn es jemanden beruhigt, während der Zahnbehandlung die eigene Musik-Playlist zu hören, dann ist das ein Wunsch, den der Zahnarzt ohne großen Aufwand erfüllen kann.

In besonders schweren Fällen gibt es die Möglichkeit, dass Patienten beruhigende Mittel oder Anästhetika verabreicht bekommen. Je nach Krankenkasse werden die Kosten oder Teile davon übernommen, Maximilian Fuhrmann rät daher, sich vorab bei der eigenen Krankenkasse darüber zu informieren. Oft gelingt die Behandlung aber auch ohne solche zusätzlichen Hilfen, weiß er aus seiner eigenen Erfahrung.

Maximilian Fuhrmann bietet ängstlichen Patienten beim ersten Termin meist ein Gespräch an und führt keine Behandlung durch, damit sie sich etwas sicherer fühlen und sich emotional auf den eigentlichen Behandlungstermin vorbereiten können. Das hilft in vielen Fällen auch.

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Shownotes
Bohrer, Schmerz, Spritze
Weniger Angst vorm Zahnarzt haben
vom 20. Juni 2025
Gesprächspartnerin: 
Yvi, hat große Angst vor Zahnärzt:innen
Gesprächspartnerin: 
Ulrike Scheuermann, Psychologin und Psychotherapeutin
Gesprächspartner: 
Maximilian Fuhrmann, Zahnarzt in Achern, nimmt besondere Rücksicht auf Angstpatient:innen
Autor und Host: 
Przemek Żuk
Redaktion: 
Lara Lorenz, Jana Niehof, Anne Bohlmann, Anne Göbel
Produktion: 
Alexander Hardt
Quellen: