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Zehn Wochen nach der Bundestagswahl stehen jetzt auch alle Ministerinnen und Minister fest. Aber wie kommt man überhaupt in dieses Amt? Reicht politisches Talent oder brauchts knallhartes Fachwissen?

Die Mannschaft steht: Nach der Union hat nun auch die SPD zehn Wochen nach der Bundestagswahl die Namen aller Ministerinnen und Minister bekanntgegeben. Damit ist klar, wer im Kabinett und damit Teil der neuen Bundesregierung wird. Mit dabei sind erfahrene Politiker wie der alte und neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) oder Alexander Dobrindt (CSU), der schon einmal Verkehrs- und jetzt Innenminister wird. In der Regierung sind aber auch Quereinsteiger, Leute aus der Wirtschaft zum Beispiel, zum Teil sind sie nicht einmal Mitglied in einer Partei.

Karsten Wildberger etwa, der Digitalminister werden soll, Verena Hubertz ist für das Ressort Bauen und Wohnen vorgesehen und Katherina Reiche als neue Wirtschaftsministerin.

Katherina Reiche – von Managerin zur Wirtschaftsministerin

Katherina Reiche (CDU) bringt sowohl langjährige politische als auch wirtschaftliche Erfahrung mit. Nach ihrem Chemiestudium zog sie bereits mit Mitte 20 in den Bundestag und war über Jahre hinweg in der Berliner Politik in wichtigen Positionen tätig. In den vergangenen zehn Jahren arbeitete sie als Managerin in der Energiewirtschaft. Friedrich Merz schätzt sie sehr. Politisch interessant ist ihre frühere Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen.

Karsten Wildberger – vom Physiker zum Digitalminister

Karsten Wildberger, der neue Digitalminister, ist promovierter Physiker und war zuletzt für die europäischen Media-Markt- und Saturn-Filialen verantwortlich. Dort sollte er insbesondere den Ausbau des Online-Geschäfts vorantreiben. Diese Erfahrung passt zu seiner neuen Aufgabe, die Digitalisierung der deutschen Behörden voranzubringen. Zuvor war er bereits in anderen Führungspositionen tätig. Er ist parteilos, wurde aber von Friedrich Merz ausgewählt.

Verena Hubertz – Bauministerin statt Koch-App

Verena Hubertz, die neue Bundesministerin für Bauen und Wohnen, ist erst 37 Jahre alt. Erste Berufserfahrungen sammelte sie während der Schulzeit bei Burger King – eine prägende Zeit im Niedriglohn-Sektor, die sie nach eigener Aussage zur SPD brachte. Nach einem BWL-Studium gründete sie gemeinsam mit einer Freundin ein Start-up mit einer Koch-App.

"Verena Hubertz hat während der Schulzeit bei Burger-King gearbeitet. Die Erfahrung mit Niedriglöhnen hat sie dann zur SPD gebracht."
Lena Sterz, Deutschlandfunk Nova

Erst vor vier Jahren zog Hubertz für ihre Partei in den Bundestag und machte dort schnell Karriere. In der vergangenen Legislaturperiode wurde sie zur Vizevorsitzenden der SPD-Fraktion. Zwar hat sie keine direkte Berufserfahrung in der Bauwirtschaft, doch das Thema Bauen und Wohnen gehörte zu ihren Schwerpunkten in der Fraktionsarbeit.

Ein Minister sollte gut verkaufen können

Bei Katherina Reiche und Karsten Wildberger wird betont, dass sie fachlich erfahren sind. Solche Expertise gilt als Vorteil, etwa wenn ein Digitalminister nicht nur die Technik bedienen kann, sondern sich auch mit Digitalstrategien auskennt. Auch der scheidende Gesundheitsminister Karl Lauterbach, selbst Arzt, hat stets hervorgehoben, wie wichtig tiefes Sachwissen für eine erfolgreiche Amtsführung ist – eine Kompetenz, die in der Politik nicht immer selbstverständlich ist, wie er sagt.

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Doch wie viel Fachwissen braucht man im Amt? Thorsten Faas ist Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und beschäftigt sich mit allen Themen rund um Wahlen, Koalition und Parteien in seiner Forschung.

Als Ministerin oder Minister steht man an der Spitze eines großen Ministeriums, das man nicht nur führen, sondern auch gezielt für politische Ziele der Koalition nutzen muss, sagt er. Manche Ministerinnen und Minister würden es besser schaffen als andere, mit dem Apparat zu arbeiten und sich die nötige Fachexpertise schnell anzueignen.

"Es ist immer eine große Frage, wie viel Fachexpertise ein Minister braucht. Aber am Ende musst du es tatsächlich gut verkaufen können."
Thorsten Faas, Politikwissenschaftler

Diese Expertise sollte dann in Kabinettsverhandlungen, Koalitionsrunden und Medien überzeugend vertreten werden. Wie viel Fachwissen dafür wirklich nötig ist, bleibt umstritten – entscheidend ist oft, ob man die Inhalte politisch gut vermitteln kann, so Thorsten Faas.

Ein Minister oder eine Ministerin arbeite auch selten allein, sondern bringe meist ein eigenes, loyales Führungsteam mit, bestehend aus Staatssekretärinnen und -Sekretären, oft auch mit ausgetauschtem Leitungspersonal. Dieses Team sei zentral, um das Ministerium strategisch zu führen und politische Vorhaben umzusetzen und könne einiges auf den Weg bringen.

Ministerien sind hierarchisch strukturiert

Ein Ministerium ist streng hierarchisch aufgebaut: An der Spitze steht die Ministerin oder der Minister, die oder der das Haus führt und die Verantwortung trägt.

Darunter gliedert sich das Ministerium in Abteilungen, die weiter in Referate unterteilt sind – mit Referentinnen und Sachbearbeitern. Diese Struktur sorgt dafür, dass der Minister oder die Ministerin als klare Führungsperson im eigenen Haus agieren kann, so der Politikwissenschaftler.

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Neue Ministerinnen und Minister bringen oft ein eigenes Führungsteam mit, um vertraute Personen an ihrer Seite zu haben. Das bestehende Personal, etwa aus der Amtszeit der Vorgänger, bleibt jedoch meist – es handelt sich überwiegend um Beamtinnen und Beamte, die dem Staat und nicht einer Partei verpflichtet sind und dem neuen Führungsteam loyal dienen sollen, so Thorsten Faas.

Trotzdem gebe es Möglichkeiten, personelle Akzente zu setzen – etwa durch Versetzungen innerhalb des Hauses. Der tatsächliche Personalwechsel bei einem Regierungswechsel sei jedoch begrenzt – ganz anders als etwa in den USA, wo deutlich mehr Positionen ausgetauscht werden.

Ministerinnen – Managemantfähigkeiten gefragt

Als Ministerin oder Minister gehe es manchmal weniger um tiefes Fachwissen, sondern vor allem um Führungs- und Managementqualitäten. Wichtig sind Durchsetzungsstärke, strategisches Denken und die Fähigkeit, ein kompetentes Team um sich zu versammeln, das auch als Frühwarnsystem dient, so Thorsten Faas.

"Man braucht Durchsetzungs- und Managementfähigkeit und eine Gabe, um sich gute Leute auszuwählen, die auch als ein Frühwarnsystem fungieren können."
Thorsten Faas, Politikwissenschaftler

Der Politikwissenschaftler zieht den Vergleich zur Wirtschaft: Auch dort wechseln Führungskräfte zwischen Bereichen und bestehen vor allem durch ihre Managementfähigkeiten – nicht durch Detailwissen im jeweiligen Fachgebiet.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Bundesregierung
Kann jeder Minister werden?
vom 05. Mai 2025
Moderation: 
Nik Potthoff
Gesprächspartnerin: 
Lena Sterz, Deutschlandfunk Nova
Gesprächspartner: 
Thorsten Faas, Politikwissenschaftler