Die Politik dirkutiert über Schulöffnungen oder die Verschiebung der Semesterferien. Wie Schülerinnen, Studierende oder Auszubildende selbst die Corona-Pandemie erleben, und was das mit ihren Lebensentwürfen macht, zeigt die bundesweite Studie "JuCo".
Selten hat Tanja Rusack, Mitinitiatorin der bundesweiten Studie "JuCO", so viel engagierte und schnelle Teilnahme an einer Studie erlebt: Über 5000 Menschen im Alter von 15-30 Jahren haben mitgemacht und erzählt, wie sie sich inmitten der Coronakrise fühlen, was ihnen fehlt, was sie sich wünschen. Es gab einen "ungeheuren Bedarf, sich mitzuteilen", sagt Tanja Rusack. Viele junge Leute fühlten sich durch die Situation überfordert.
Durchgeführt wurde die Studie von der Geothe-Universität Frankfurt am Main, der Universität Bielefeld und der Universität Hildesheim. Die große Teilnahme war für Tanja Rusack und ihr Team ein klares Zeichen dafür, dass Schülerinnen, Studierende oder Auszubildende einen großen Bedarf haben, sich mitzuteilen und mitzuentscheiden, wenn es um ihren Alltag geht.
"Da ist einfach wahnsinniger Bedarf, sich mitzuteilen, gehört zu werden und ein Signal zu senden: 'Wir wollen jetzt auch mal mitentscheiden, genau bei den Dingen, die uns auch betreffen'."
Viele aus der jüngeren Generation hätten derzeit das Gefühl, dass die Älteren an ihren Bedürfnissen vorbeientscheiden.
Starke Veränderungen im Alltag
In der Studie berichteten sie beispielsweise davon, dass sich ihr Alltag komplett auf den Kopf gestellt habe, erzählt Tanja Rusak. Oft sind die Studierenden wieder nach Hause gezogen, weil sie sich in der WG zu einsam fühlten oder sich durch den Verlust des Nebenjobs kein Zimmer mehr leisten konnten. Andere seien alleine in den WGs und wissen nicht, wie lange sie die Einsamkeit aushalten könnten.
"In WGs ändern sich Wohnsituationen ja manchmal. Gerade ist meine Mitbewohnerin noch hier, aber ab morgen auf unbestimmte Zeit bei ihrer Familie und ich alleine in der Wohnung. Davor mache ich mir große Sorgen."
Es kämen viele neue Herausforderungen auf die junge Menschen zu, die die Politik laut der Befraften oftmals nicht im Blick habe, da viele Regelungen für eine klassische Kleinfamilie gemacht würden.
Auch wenn der größte Teil der Befragten sage, dass die sozialen Beziehungen zu Freunden, den Partnern oder der Familie gepflegt würden, machten sich doch Gefühle wie Einsamkeit, Überforderung oder Unsicherheit breit.
Zukunft ist ungewiss
Viele hätten laut Tanja Rusack ihr Praktikum, das Auslandssemester oder den Studentenjob beenden müssen. Jetzt wüssten sie nicht, wie es weitergehe und fühlten sich unsicher im Hinblick auf die Zukunft. Die Politik gebe hier keine Perspektiven.
Doch die Studie zeigt auch, dass nicht alle Jugendlichen die Corona-Krise als belastend wahrnehmen. Diejenigen, die vorher im Schul- oder Studienalltag Zwänge oder Probleme hatten, wären zurzeit nicht mit diesen konfrontiert. Das könne auch zu Erleichterung führen, sagt Tanja Rusack.
"Es gibt auch eine große Gruppe, die sagt: Mit geht’s jetzt besser. Wenn es vorher Zwänge gab in Schule oder Studium oder Konflikte mit den Eltern. Jetzt sagen zu können 'ich muss bestimmte Menschen nicht sehen' - das kann auch zu Erleichterung führen."
Gerade diejenigen, die sich zuvor schon einsam gefühlt hatten, hätten jetzt nicht mehr das Gefühl, so viel zu verpassen.
"Dadurch, dass gerade alle eingeschränkt und mehr oder weniger einsam sind, geht es mir in der Zeit besser als vorher, ich fühle mich weniger einsam und habe nicht das Gefühl, etwas zu verpassen."
Für Tanja Rusack zeigen die bisherigen Studienergebnisse vor allem, dass die Gruppe der Befragten sehr heterogen sei und viele unterschiedliche Fragen an die jetzige Situation und die Zukunft hätten. Das müsse in der Politik deutlicher und differenzierter wahrgenommen werden.