Natürlich sind nicht alle Chefs Psychopathen. Aber Menschen mit psychopathischen Eigenschaften trifft man am ehesten in Chefetagen.
Ist euer Chef oder eure Chefin oft laut, ohne Mitgefühl und Reue und tut alles für den persönlichen Erfolg? Dann habt ihr vielleicht wirklich einen Psychopathen-Chef oder eine Psychopathen-Chefin. Wobei man nicht einfach sagen kann: "DER ist ein Psychopath" oder "DER ist keiner". Psychopathie ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das bei dem einen etwas mehr, beim anderen etwas weniger ausgeprägt ist.
"Ich habe Händler am Ende einer harten Sitzung weinen oder sich übergeben sehen. Du musst unbarmherzig und ohne Reue auf den gegenwärtigen Moment fokussiert bleiben."
Psychologe Jens Hoffmann beschreibt Psychopathen als Menschen, die keine tiefe emotionale Bindung aufbauen, es aber gut vortäuschen können. Psychopathen seien relativ cool und mögen es, andere zu manipulieren und zu dominieren. Das befriedige ihr persönliches Bedürfnis nach Dominanz und Macht. Er geht davon aus, dass etwa zwei Prozent der Gesellschaft psychopathische Züge haben - in Führungspositionen seien es etwa dreimal mehr.
Psychopathische Chefs sind nicht unbedingt schlechte Chefs
Teilweise ist es überraschend, in welchen Berufen besonders häufig Psychopathen vorkommen. Das sind nämlich CEOs, also Geschäftsführer und Vorstände, aber auch Anwälte, Chirurgen, Journalisten, Polizisten und Geistliche.
Ein Prototyp-Psychopath war übrigens Steve Jobs - wegen seiner unbekümmerten Rücksichtslosigkeit. Dass psychopathische Chefs nicht unbedingt schlechte Chefs sein müssen, legt eine aktuelle Untersuchung der Uni Bonn nahe. Dabei wird zwischen zwei Dimensionen der Psychopathie unterschieden.
- furchtlose Dominanz
- egozentrische Impulsivität
Als gute Chefs wurden in einer breit angelegten Umfrage unter Mitarbeitern diejenigen des ersten Typs beurteilt. Menschen mit "furchtloser Dominanz" haben aufgrund ihrer genetischen Ausstattung im Kern wenig Angst, was dazu führt, dass sie wenig Stress haben. Sie können also mit Belastungen gut umgehen.
"Sie stehen gern im Mittelpunkt und können auch andere sehr gut verbal lenken und leiten, man spricht dann manchmal von manipulativen Tendenzen."
Die "furchtlos dominanten" Chefs haben also hohe psychopathische Persönlichkeitswerte. Trotzdem werden sie von ihren Kollegen positiv beurteilt.
Anders sieht das bei der zweiten Dimension, der "egozentrischen Impulsivität", aus. Diese Mitarbeiter nehmen sich das, was sie wollen, sehen die Schuld und Fehler meist bei anderen und nehmen insgesamt kaum Rücksicht auf ihre Kollegen.
"Diese Menschen machen unter anderem unangebrachte Scherze über Kollegen, stellen andere bloß oder halten Informationen zurück, um selbst besser da zu stehen."
Psychopathen sind nicht leicht zu erkennen. Sie sind Meister der Manipulation und haben nicht selten mehrere Gesichter, von denen nicht alle schlecht sein müssen. Oft sind Psychopathen auch nett, liebenswürdig und charismatisch.