Angela Merkel hat sich mit Li Keqiang getroffen. Er vertritt Deutschlands wichtigsten Handelspartner, die Volksrepublik China. Zwar stand Donald Trumps Politik im Hintergrund, dennoch sorgte sie bei dem Treffen für Harmonie.

In Berlin haben die fünften Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen begonnen. Angela Merkel empfängt den chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang im Bundeskanzleramt. Bei den Konsultationen geht es vor allem um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China. Wir haben mit Kristin Shi-Kupfer über das Treffen gesprochen. Die Sinologin leitet bei dem  Mercator Institute for China Studies den Bereich Politik, Gesellschaft und Medien.

"Peking möchte in die Bresche springen, die Divergenzen zwischen den USA und Europa ausnutzen und signalisieren: Mit uns könnt ihr viel verlässlicher Handel betreiben. Wir halten uns im Gegensatz zu Washington an Regelwerke."

Sie sagt, dass China nun alles daran setze, sich als zuverlässiger Partner für eine regelbasierte, multilaterale Ordnung zu etablieren. Li Keqiang und Angela Merkel haben mehrere Kooperationsabkommen und Unternehmensvereinbarungen unterzeichnet. Ein Signal in Richtung des amerikanischen Präsidenten, dessen Politik gegenüber China auf einen Handelskrieg zusteuert.

Wissenstransfer und Digitalisierung

Peking rief die Europäische Union zuletzt zum Schulterschluss im Handelskonflikt mit den USA auf. "Wir müssen dem Verursacher des Handelskrieges entschlossen demonstrieren, dass sein Handeln falsch ist", sagte Chinas EU-Botschafter Zhang Ming dem Düsseldorfer Handelsblatt. "Eine Politik der Nachgiebigkeit und des Kompromisses wäre kontraproduktiv."

Chinas Wirtschaftsinteresse richtet sich in Europa und Deutschland auf Industrie 4.0 – also die Optimierung von Herstellungsprozessen mithilfe computergestützter Verfahren – , das autonome Fahren und den Transfer von technischem Wissen, sagt Kristin Shi-Kupfer.

Konfliktstoff gibt es genug

Eigentlich, meint sie, haben Deutschland und die USA gegenüber China vergleichbare Interessen und im Verhältnis auch die gleichen Probleme.

"Deutschland und die USA haben gegenüber China gemeinsame Interessen. Die Probleme, die man gegenüber China hat: erzwungener Technologietransfer, Marktzugang, Diskriminierung von Unternehmen, das sind genau die gleichen Probleme."

Ministerpräsident Li Keqiang hatte kurz vor seinem Besuch in Berlin eine weitere Öffnung seines Landes für den Außenhandel in Aussicht gestellt. Die Volksrepublik werde sich weiter für ausländische Investoren öffnen und die Importzölle senken, sagte Li Keqiang am Samstag, den 7. Juli,  im bulgarischen Sofia.

China war im Jahr 2017 zum zweiten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Unterdessen droht Deutschlands politischen Stiftungen in China eine enorme Verschärfung der staatlichen Kontrolle. Alle politischen Stiftungen forderten laut der Süddeutschen Zeitung in einem Brief an Merkel, sie solle sich bei den deutsch-chinesischen Konsultationen dafür einsetzen, dass das in China geplante Sozialkreditsystem nicht auf ausländische Organisationen ausgeweitet wird.

Das Land arbeitet an einem System totaler Kontrolle. Es soll staatsfreundliches Handeln belohnen, Kriminalität und Kritik hingegen bestrafen. Ein schlechtes Ranking kann dazu führen, dass der Zugang zu Flughäfen oder Schnellzugbahnhöfen verweigert wird.

Mehr zu internationaler Politik und China bei Deutschlandfunk Nova:

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Chinas Ministerpräsident in Berlin
Hauptsache Wirtschaft
vom 09. Juli 2018
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartnerin: 
Kristin Shi-Kupfer, Mercator Institute for China Studies, Leiterin des Bereichs Politik, Gesellschaft und Medien